In der Schweiz ist nach Art. 35 SVG das Rechtsüberholen mit Ausschwenken und Wiedereinbiegen untersagt. Überholt wird grundsätzlich nur links. Spurwechsel auf der rechten Seite können schnell als Überholvorgang gewertet werden. Erlaubt ist inzwischen dagegen das passive Rechtsvorbeifahren. Was der Gesetzgeber darunter versteht und welche Ausnahmen es gibt, erfahren Sie hier.
Wann ist es erlaubt, rechts zu überholen?
Rechtsvorbeifahren und Rechtsüberholen sind unterschiedliche Situationen im Strassenverkehr der Schweiz. Während das Rechtsüberholen weiterhin verboten ist, erlaubt der Gesetzgeber das passive Rechtsvorbeifahren. Damit ist bei dichtem Verkehr das Vorbeifahren in parallelen Kolonnen gemeint.
Kommen die Fahrzeuge auf der Überholspur nicht schneller voran als auf der Normalspur, ist das vorsichtige Rechtsvorbeifahren mit gleichbleibender Geschwindigkeit erlaubt. Der Fahrer auf der Normalspur muss also nicht mehr abbremsen, wenn die Fahrzeuge der Überholspur langsamer fahren oder stehen bleiben müssen (6B_374/ 2015).
Der Unterschied zum Überholen: Beim Rechtsvorbeifahren fährt ein Auto rechts an einem anderen Fahrzeug vorbei, biegt danach aber nicht auf die linke Spur ein. Es bleibt auf seiner eigenen Spur.
Was gilt beim Zusammentreffen zweier Autobahnen?
Etwas schwieriger ist die Verkehrslage, wenn zwei Autobahnen zusammentreffen. Auch hier ist Rechtsüberholen verboten.
Zur Frage des Rechtsvorbeifahrens beim Zusammentreffen zweier Autobahnen hat das Bundesgericht entschieden (6B 112/2016): Verkehrsteilnehmer dürfen nur rechts vorbeifahren, solange sie auf dem Beschleunigungsstreifen unterwegs sind. Das bedeutet: Nach dem Ende der Doppellinien-Markierung zwischen den Spuren zweier zusammentreffender Autobahnen haben Sie dieses Vorrecht nicht mehr.
Das gilt auch für den Fall, dass beispielsweise ein LKW auf der linken Spur naht. Geben Sie in dieser Situation Gas, um sich noch vor den herannahenden LKW zu positionieren, machen Sie sich strafbar. Das Bundesgericht stuft dieses Verhalten als besonders riskant ein, da die Unfallgefahr beim Beschleunigen rechts mit Spurwechsel nach links erheblich sei. Vor allem deshalb, weil der LKW aufgrund des Rechtsfahrgebots am Ende der Sicherheitslinie nach rechts einspuren muss und Sie gleichzeitig nach links ziehen wollen.
Darf ich auf Einspurstrecken und Einbahnstrassen rechts vorbeifahren?
Das Rechtsvorbeifahren ist erlaubt, vorausgesetzt, für Einspurstrecken sind unterschiedliche Fahrtziele angezeigt (Art. 36 VRV). Sie dürfen mit Ihrem Auto also nicht bereits vor der Aufteilung der Fahrspuren rechts vorbeiziehen, um womöglich schneller an Ihr Ziel zu kommen.
Wollen Sie eine Autobahn verlassen, ist dies vor einer Ausfahrt auf dem Verzögerungsstreifen möglich.
Tipp: Auf Einbahnstrassen dürfen Sie an Verkehrsinseln und Hindernissen sowie an der fahrenden Strassenbahn beidseitig vorbeifahren.
Welche Konsequenzen drohen mir bei Verstoss?
Überholen und Rechtsvorbeifahren in unerlaubten Situationen ist strafbar. Zuwiderhandlungen können teuer werden.
- Das Überholen auf der rechten Fahrspur ist in der Schweiz grundsätzlich verboten. Der Gesetzgeber sieht darin eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln (90 SVG). Diese kann mit einer Anzeige und einem mindestens dreimonatigen Entzug des Führerausweises geahndet werden. Schon das Blinkersetzen nach links nach dem Vorbeifahren rechts kann als Teil eines Überholvorgangs gewertet werden. Dafür sind Geldbussen von 140 CHF oder höher möglich.
- Wenn Sie rechts vorbeifahren, sollten Sie etwas warten, um danach auf die linke Fahrspur zu wechseln. Ausserdem ist es ratsam, möglichst vorsichtig an anderen Fahrzeugen vorbeizuziehen. Direkte Spurwechsel oder hohe Geschwindigkeiten können aus dem passiven Rechtsvorbeifahren schnell einen untersagten Überholvorgang machen.
Tipp: Die Strafen für das Rechtsvorbeifahren hängen davon ab, wie schwerwiegend und geplant das Verschulden ist. Sie sollten dazu einen Fachanwalt für Verkehrsrecht heranziehen, der die Situation beurteilen kann.
Fazit: Rechtsvorbeifahren ist erlaubt, Rechtsüberholen bleibt verboten
Jahrelang war es grundsätzlich nur erlaubt, links an langsameren Fahrzeugen vorbeizuziehen. Inzwischen ist auch das passive Rechtsvorbeifahren zulässig, sofern Sie währenddessen und unmittelbar danach auf Ihrer Spur bleiben. Ein sofortiger Spurwechsel würde als unerlaubter Überholvorgang gewertet.
Da es einige Ausnahmen in Einspurstrecken, an Autobahnknotenpunkten und Einbahnstrassen gibt, kann die Unterscheidung der Verkehrssituationen schwierig sein und Expertenwissen erfordern. Im Zweifelsfall sollten Sie sich daher juristischen Beistand suchen, um den Entzug des Führerausweises und Geldbussen zu vermeiden.