Dingliche Rechte einfach erklärt

dingliches recht

In der Schweiz unterscheidet das Recht zwischen dinglichen und beschränkten dinglichen Rechten. Während das dingliche Recht die volle Herrschaft über eine Sache einschliesst, umfasst das beschränkte dingliche Recht nur eine Teilbefugnis. Was Sie ausserdem über ein subjektiv dingliches Miteigentum wissen sollten, erfahren Sie hier.

Was bedeutet dingliches Recht?

Unter dinglichem Recht versteht man das Recht an einer Sache, das gegen jedermann wirkt und von jedermann berücksichtigt werden muss. Die Sache kann dabei beweglich sein (Fahrnis) oder unbeweglich wie bei einem Grundstück oder einer Immobilie.

Ein dingliches Recht ist mit der Sache fest verbunden und gilt gegenüber jeder Person, auch wenn diese nichts davon weiss. Daher wird es als absolutes Recht bezeichnet. Ein Recht, das nur gegen eine bestimmte Person wirkt, wie bei einem beschränkten dinglichen Recht, gilt als relatives Recht.

Welche Ansprüche ermöglicht das dingliche Recht?

Der Rechteinhaber hat bei einem dinglichen Recht die Herrschaft über die Sache und bestimmt deren Verwendung, solange das Recht wirksam ist. Bauherren kennen beispielsweise die Rechte, die eine Bank an Grund und Immobilie hält, wenn diese als Kreditsicherheit dienen (Art. 782 ff ZGB). Damit gilt die Bank als Rechteinhaber und kann entscheiden, ob das Grundstück freigegeben, bebaut oder verkauft wird. Der Schuldner darf dagegen die Sicherheit nicht ohne Zustimmung des Rechteinhabers belasten, bebauen oder verwerten.

Das kann für den Schuldner zu unerwartet schwierigen Situationen führen. Sind beispielsweise Ehepartner gemeinsam Schuldner eines Kredites, der mit ihrer Immobilie besichert ist, brauchen sie zum Verkauf des Hauses die Zustimmung der Bank. Das gilt auch nach Trennung oder Scheidung. Trotz eines rechtsgültigen Scheidungsurteils bleibt das dingliche Recht einer Bank solange gegen beide Schuldner bestehen, bis die Bank die Löschungsbewilligung erteilt.

Stellt einer der Partner seine Zahlungen ein, trägt der andere Schuldner die volle Last der Zins- und Tilgungsleistungen. Kann dieser den erforderlichen Kapitaldienst nicht alleine aufbringen, darf die Bank ihre Ansprüche aus dem dinglichen Recht geltend machen und die Sicherheit verwerten.

Was sind beschränkte dingliche Rechte?

Im Grundbuch finden sich auch beschränkte dingliche Rechte. Beschränkt deshalb, weil sie nur gegenüber der berechtigten Person wirksam sind, nicht gegenüber jedermann. Der Eigentümer oder Gläubiger einer Liegenschaft entscheidet darüber, ob einer dritten Person ein solches Recht eingeräumt wird (Art. 730 ff. ZGB). Dies geht dann dem Recht als Eigentümer vor und schränkt es ein, auch bei Verkauf des Objekts.

Kollidieren mehrere beschränkte dingliche Rechte miteinander, geht das ältere Recht dem Jüngeren vor. Die Parteien können diese Rangfolge allerdings einvernehmlich ändern.

Zu den beschränkten dinglichen Rechten gehören Dienstbarkeiten (=Nutzungsrechte) sowie Grundlasten, Grundpfandrechte und Fahrnisrechte (=Verwertungsrechte). Alltägliche Beispiele sind Wegrechte, Nutzniessungsrechte, Durchleitungs- oder Vorkaufsrechte. Wird der berechtigten Person das Recht vorenthalten, beispielsweise das Wegerecht, kann sie dagegen klagen.

Wichtig: Beschränkte dingliche Rechte zeichnen sich dadurch aus, dass sie lediglich Gebrauch und Nutzung einer Sache erlauben. Sie beinhalten kein Eigentum an Grund und Boden.

Was sind Dienstbarkeiten (Art. 730 ff ZGB)?

Dienstbarkeiten unterteilt man in Grunddienstbarkeiten und Personaldienstbarkeiten:

  • Wird ein Grundstück zugunsten eines anderen Grundstücks belastet, handelt es sich um eine Grunddienstbarkeit nach 730 ff ZGB.
  • Wird es zugunsten einer Person belastet, spricht man von einer Personaldienstbarkeit nach 745 ff ZGB.

Positive und negative Dienstbarkeiten

Ein Nachbar hat auf Ihrem Grundstück ein Fuss- und Fahrwegrecht oder Durchleitungsrechte? Das müssen Sie dulden. Bei einer Dienstbarkeit duldet der Grundstückseigentümer eine Handlung, beispielsweise das Überqueren des Hofes, um in das Hinterhaus zu kommen. Damit übt der Eigentümer eine positive Dienstbarkeit aus.

Von einer negativen Dienstbarkeit spricht man, wenn der Grundstückseigentümer etwas unterlassen muss, beispielsweise das Betreiben eines Gewerbes auf dem Grundstück.

Weitere häufig vorkommenden Dienstbarkeiten:

Wichtig: Dienstbarkeitsverträge müssen öffentlich beurkundet werden. Zusätzlich wird die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, da ein Gewohnheitsrecht nicht existiert. Ausnahme ist die Nutzniessung bei Fahrnis.

Wann werden Dienstbarkeiten gelöscht?

Dienstbarkeiten existieren bis zu ihrer Löschung im Grundbuch. Dazu bedarf es lediglich eine schriftliche Erklärung des Berechtigten (Art. 964 ZGB). Der belastete Eigentümer muss dem nicht zustimmen, da es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt. Er wird jedoch von der Löschung informiert.

  • Ausnahmen bilden Dienstbarkeiten, durch deren Löschung andere Rechte am belasteten Grundstück beeinträchtigt sind. In diesem Fall ist die Zustimmung der berechtigten Personen erforderlich.
  • Kauft der Dienstbarkeitsberechtigte das belastete Grundstück, entsteht eine Eigentümerdienstbarkeit. Der neue Eigentümer kann diese löschen oder sie als dingliches Recht bestehen lassen (735 ZGB).
  • Grundstückseigentümer können beim Berechtigten die Zustimmung zur Löschung für bedeutungslos gewordene Dienstbarkeiten anfordern. Stimmt ein Berechtigter nicht zu, bleibt nur der gerichtliche Weg.

Was gehört nicht zu den Dienstbarkeiten?

Pflichten, die ohnehin vorgeschrieben sind, werden nicht als Dienstbarkeit eingetragen. Abstandsregeln zur Grundstücksgrenze oder die Vermeidung von Gerüchen, Lärm, Schall etc. gehören dazu. Sie sind durch den Gesetzgeber geregelt (Art. 684 ZGB).

Wird die Dienstbarkeit aufgrund eines Testaments oder eines Erbteilungsvertrages vorgemerkt, genügt ein schriftlicher Nachweis für die Grundbucheintragung. Das gilt auch für gesetzliche Dienstbarkeiten, d. h. Notleitungsrecht, Notwegerecht und Notbrunnenrecht.

Was versteht man unter Baurecht (Art. 675779 ZGB)?

Bei einer Baurechtsdienstbarkeit darf der Berechtigte Bauten und Anlagen errichten. Dadurch wird er Eigentümer der entsprechenden Gebäude. Die Dienstbarkeit wird für maximal 100 Jahre auf einem bestimmten Grundstück oder zugunsten einer bestimmten Person ausgesprochen. Dazu bedarf es eines Baurechtsvertrages, in dem Inhalt und Umfang vereinbart sind.

Was gehört zum Nutzniessungsrecht (Art. 745 ZGB)?

Als Nutzniesser dürfen Sie die Sache eines anderen Eigentümers nutzen, besitzen und gebrauchen, nicht aber verbrauchen oder veräussern. Es kann an beweglichen Sachen, an anderen Rechten, an Vermögen oder Grundstücken bestellt werden. Dazu gehört beispielsweise auch das Wohnrecht, das dem Berechtigten das dauerhafte oder zeitlich befristete Wohnen in einem Gebäude des belasteten Eigentümers erlaubt.

Die Nutzniessung von Grund und Boden beginnt mit der Eintragung ins Grundbuch. Sie endet je nach Ausgestaltung u. a. mit dem Ableben der berechtigten Person oder einem Verzichtsvertrag zwischen den Beteiligten. Andere Nutzniessungsvereinbarungen bedürfen der öffentlichen oder erbrechtlichen Beurkundung.

Pflichten des Nutzniessers

Sorgfaltspflicht

Der Nutzniesser hat die belastete Sache (Wohnung, Grundstück, Lagerräume etc.) verantwortungsvoll zu verwalten und zu unterhalten. Zudem muss er/sie eine Übernutzung und unnötigen Leerstand vermeiden.

Unterhaltskosten

Bewirtschaftungs- und Verwaltungskosten gehören ebenso zu den Aufwänden des Nutzniessers wie Zinsen auf Kapitalschulden und gewöhnliche Renovationen. Darüber hinaus gehende Aufwände trägt der Eigentümer. Allerdings ist der Nutzniesser verpflichtet, auf notwendige Renovationen und Reparaturen hinzuweisen.

Steuern und Abgaben

Im Zusammenhang mit einer Nutzniessung fallen Steuern und Abgaben an. Dazu gehören Einkommens- und Vermögenssteuern, nicht aber Kapitalgewinn- und Handänderungssteuern.

Vorschusspflicht

Alle weiteren Aufwände übernimmt der Eigentümer. Dafür kann er die unentgeltliche Vorlage der Mittel durch den Niessbrauchberechtigten verlangen. Weigert dieser sich, darf der Eigentümer Sachwerte aus den Nissbrauchrechten verwerten.

Rechte des Nutzniessers

Recht auf Besitz

Das Recht auf Besitz umfasst den unmittelbaren und ausschliesslichen Besitz an der belasteten Sache. Verhindert der Eigentümer oder ein Dritter die Nutzniessung, kann der Berechtigte (Nutzniesser) klagen.

Recht auf Gebrauch

Mit diesem Recht darf der Nutzniesser die belastete Sache, beispielsweise Räume, nach eigenem Ermessen nutzen. Er kann sie vermieten, leer stehen lassen, als Lager verwenden oder selbst bewohnen. Voraussetzung ist, dass der Eigentümer des Gebäudes dadurch nicht wesentlich benachteiligt wird.

Der Verschleiss des Gebäudes bzw. von Teilen davon ist bei ordnungsgemässem Gebrauch abgegolten. Der Eigentümer hat keinen Anspruch auf Schadenersatz, sofern es sich um gewöhnliche Abnutzung handelt.

Recht der Fruchterziehung

Landwirtschaftliche oder gärtnerische Erträge des belasteten Grundes darf der Nutzniesser verwerten. Auch der Zins steht dem Berechtigten zu. Mieter oder Pächter haben daher den Miet- oder Pachtzins direkt an den Nutzniesser zu zahlen.

Endet bei landwirtschaftlichen Flächen das Nutzniessungsrecht bevor die Erträge erntereif sind, stehen diese dem Eigentümer zu. Hat der Nutzniesser für die Ernte gearbeitet, erhält er eine angemessene Entschädigung.

Was ist subjektiv dingliches Miteigentum?

Sie haben Ihre Wunschimmobilie zusammen mit Verwandten oder Bekannten als Miteigentümer erworben? Damit sind mehrere Personen gemeinschaftlich Eigentümer einer Immobilie oder eines Grundstücks. Die Miteigentumsquoten wurden beim Erwerb festgelegt und im Grundbuch dokumentiert. Jeder Miteigentümer kann seinen Anteil nun unabhängig von den anderen verkaufen, verschenken, vererben oder verpfänden (Art. 646 ff ZGB).

Eine Ausnahme stellt das subjektiv dingliche Miteigentum dar, auch als unselbstständiges Miteigentum bekannt. Grund ist, dass der Miteigentumsanteil hierbei untrennbar mit dem Hauptgrundstück verbunden ist. Das können beispielweise Grünflächen, Einfriedungen oder Parkflächen sein.

Da diese Einrichtungen der gesamten Anlage dienen, ist eine separate Abspaltung nicht möglich. Daher werden bei einem subjektiv dinglichen Miteigentumsanteil nicht die Namen der Eigentümer im Grundbuch genannt. Stattdessen finden sich hier die Grundbuchblätter der betroffenen Grundstücke mit dem jeweiligen Miteigentumsanteil.

Fazit: Dingliches Recht erlaubt die Herrschaft über fremdes Eigentum

Das dingliche Recht gestattet einem Rechteinhaber die Herrschaft über das gesamte belastete Eigentum. Ein beschränktes dingliches Recht dagegen beinhaltet nur die Befugnis, ein Grundstück oder eine Liegenschaft wie vereinbart zu nutzen. Wer eine Liegenschaft kaufen oder seine Bestandsimmobilie mit einem Recht belasten will, sollte sich vorher der Einschränkungen als Eigentümer bewusst sein.

Tipp: Vor dem Erwerb einer Immobilie ist es ratsam, das Grundbuch auf eingetragene Lasten zu prüfen. Lassen Sie sich hierbei von einem Notariat unterstützen.