Nachehelicher Unterhalt für den Ehepartner in der Schweiz

Nachehelicher Unterhalt

Nach der Scheidung sollten die ehemaligen Partner ihren Lebensstandard in der Schweiz aus eigener Kraft halten können.

Wem das nicht möglich ist, der kann vom Scheidungspartner nachehelichen Unterhalt verlangen. Das sind Unterstützungszahlungen, die zur Überbrückung dienen sollen, bis der Unterhaltsberechtigte erwerbstätig ist.

Je nach Dauer der Ehe, Arbeitsverteilung, Vermögen, Anwartschaften auf Altersvorsorge oder Anzahl der Kinder wird der Unterhalt individuell berechnet. Wir erklären, worauf es beim nachehelichen Unterhalt in der Schweiz ankommt.

Grundsatz der Eigenverantwortung

Wer sich für eine Scheidung entschieden hat, möchte meist einen endgültigen Schlussstrich ziehen. Die Wege trennen sich und beide Partner streben eine autarke Zukunft an. Da passt ein nachehelicher Unterhalt nicht ohne Weiteres in das Bild.

Das sieht auch der Gesetzgeber so und hat den Grundsatz der Eigenverantwortung erlassen. Damit hat er fest verankert, dass jeder Scheidungspartner möglichst zeitnah auch finanziell unabhängig sein sollte. Das ist jedoch aus finanziellen Gründen nicht jedem der ehemaligen Partner möglich. Hat beispielsweise einer der Partner seinen beruflichen Schwerpunkt auf die Kindererziehung oder die Pflege eines bedürftigen Angehörigen gelegt, ist arbeitslos oder krank, sieht es finanziell düster aus.

Was sind die Voraussetzungen für nachehelichen Unterhalt?

Da es im Scheidungsprozess bei den Finanzen in erster Linie um nüchterne Zahlen, Daten, Fakten geht, hätte der Partner, der schon während der Ehe Einkommenseinbussen hinnehmen musste, auch hier das Nachsehen. Um solche Ungerechtigkeiten auszugleichen, hat der Gesetzgeber das Unterhaltsrecht erlassen und den nachehelichen Unterhalt definiert.

Das Ziel des nachehelichen Unterhaltsrechts: Ehegatten sollen durch die Scheidung nicht benachteiligt werden. Vielmehr soll ein Ausgleich für die geleistete Arbeit während der Ehe geschaffen werden. Daher kann derjenige, der nach Art. 125 ZGB seinen Eigenunterhalt inklusive einer angemessenen Altersvorsorge nicht erbringen kann, Anspruch auf nachehelichen Unterhalt geltend machen.

Ein Ehepartner, der scheinbar nicht für den Eigenunterhalt sorgen kann und Nachteile bei Vermögen und Einkommen erlitten hat, kann demnach unterhaltsberechtigt sein. Er muss es jedoch nicht. Um eine missbräuchliche Unterhaltsfestlegung zu verhindern, wird die Bedürftigkeit gesondert geprüft.

Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen

Für den Unterhalt hat der geschiedene Ehepartner jedoch nur dann aufzukommen, wenn er dies finanziell leisten kann. Meist also dann, wenn er über ausreichend Einkünfte und wenig bis keine Schulden verfügt.

Gerade diese Voraussetzung ist dem Gesetzgeber besonders wichtig, denn die Unterhaltsregelung soll für beide Scheidungspartner fair und vertretbar sein. Deshalb ist im Gegenzug der Unterhaltsberechtigte verpflichtet, zeitnah für Einkünfte aus nicht selbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit zu sorgen.

Wie und wie lange muss nachehelicher Unterhalt geleistet werden?

Wie ist Unterhalt zu zahlen?

Ist die Bedürftigkeit geklärt, legt das Gericht in der Regel einen monatlichen Unterhalt fest, Rente genannt. Diese Zahlung hat der Unterhaltsverpflichtete monatlich im Voraus in Barmittel zu leisten. Ersatzleistungen, beispielsweise in Sachwerten, Lebensmitteln, Arbeitsleistung oder Wertpapieren sind nicht zulässig.

Auf Antrag kann das Gericht alternativ zur monatlichen Variante eine einmalige Abfindung nach Art. 126 ZGB zulassen.

Wie lange dauert die Unterhaltspflicht?

Die Dauer der Unterhaltspflicht hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich soll der nacheheliche Unterhalt jedoch kein Dauerzustand sein, sondern als Überbrückung dienen. Meist geht es um den Zeitraum, bis der Unterhaltsempfänger eine Erwerbstätigkeit beginnt und für das eigene Auskommen gesorgt ist.

Wann erlischt die Unterhaltspflicht?

Die Unterhaltspflicht endet nicht nur mit der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses durch den Unterhaltsempfänger, sondern kann auch von Gesetzes wegen vorbei sein. Gründe dafür sind nach Art. 130 ZGB:

  • wenn Unterhaltsberechtigte oder Unterhaltsverpflichteter sterben
  • wenn der Unterhaltsempfänger wieder heiratet (die Heirat des Zahlungspflichtigen entbindet ihn nicht von der Zahlungspflicht)
  • wenn der Unterhaltsempfänger ein Konkubinat eingeht, das Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht hat

Was gibt es nach einer Pensionierung zu beachten?

Hat der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung kein eigenes Einkommen und aufgrund Krankheit oder Alters auch keine Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit zu finden, kann die Unterhaltspflicht bis zu seiner Pensionierung gehen.

Steht für ihn dann die Pensionierung an und reicht die AHV-Rente nicht für seinen Lebensstandard aus, hat er unter Umständen weiterhin Anspruch auf Unterhalt. Das gilt auch für den Fall, dass er in der Zeit zwischen Scheidungsurteil und Pensionierung seinen Lebensunterhalt bereits selbst bestreiten konnte.

Obwohl das Gesetz keine Befristung des nachehelichen Unterhalts vorsieht, wird die Rente nach Art. 125 ZGB in der Regel nur bis zum Erreichen des AHV-Alters des Zahlungspflichtigen ausgerichtet. Der Grund: Danach sinkt dessen finanzielle Leistungsfähigkeit und damit auch ein möglicher Unterhalt.

Wie berechnet sich der nacheheliche Unterhalt?

Wer hofft, nun eine simple Formel zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts kennenzulernen, wird enttäuscht. Die Berechnung hängt von vielen verschiedenen Kriterien ab, die sich rund um den Bedarf des Unterhaltsberechtigten ranken. Zugleich muss die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten bemessen werden.

Daher gilt diese Reihenfolge bei der Festsetzung des nachehelichen Unterhalts:

  1. Ist einer der Ehegatten unterhaltsbedürftig?
  2. Wie hoch soll der monatliche Unterhalt sein und soll eine sukzessive Abstufung/Anhebung vereinbart werden?
  3. Wie lange muss nach aktuellem Stand die Unterstützung andauern?
  4. Ist der Unterhaltspflichtige für die Forderung leistungsfähig genug?

Es gilt: Der Unterhaltsbeitrag muss nur geleistet werden, wenn das Existenzminimum des Zahlenden gesichert ist. Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht für den gewohnten Lebensstandard aus, haben beide Eheleute Anspruch auf die eine Stufe tiefer definierte Lebensgestaltung.

Massgebend für die Ermittlung sind nach Art. 125 ZGB diese Kriterien, wobei die Reihenfolge keine Priorität widerspiegelt:

  • Dauer der Ehe
  • Aufgabenteilung während der Ehe
  • Alter und Gesundheit der Ehegatten
  • Einkommen und Vermögen der Ehegatten
  • aktuelle und voraussichtlich zukünftige berufliche Situation der Ehegatten
  • bei nicht berufstätigen Unterhaltsberechtigten der Aufwand einer beruflichen Eingliederung
  • Anwartschaften aus Alters- und Hinterlassenenversicherungen
  • Anwartschaften der Altersvorsorge einschließlich der Teilung der Austrittsleistungen
  • Anzahl und Alter der unterhaltspflichtigen Kinder

In 5 Schritten den Unterhalt berechnen

  1. Schritt: Ermittlung des Grundbedarfs beider Eheleute

Dieser entspricht dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum zuzüglich der Zuschläge für Wohnung, Berufsausbildung, Krankenversicherung, Steuern, Telefon, Versicherungen, Radio- und Fernsehgebühren.

  1. Schritt: Ermittlung der Einkommensverhältnisse beider Eheleute

Hier wird der Nettolohn jedes Partners mit deren Vermögenserträgen addiert. Dabei wird sowohl bei höherem Einkommen wie auch bei arbeitslosen Partnern auf ein hypothetisches Einkommen abgestellt.

  1. Schritt: Berechnung von Überschuss (Positivsaldo) oder Manko (Negativsaldo)

Ein Manko wird nicht aufgeteilt, da davon auszugehen ist, dass das betreibungsrechtliche Existenzminimum unterschritten wird.

  1. Schritt: Aufteilung des Überschusses

Ein Überschuss, also das reale Einkommen abzüglich familienrechtlichem Grundbedarf, wird in einem vom Gericht festgelegten Verhältnis zwischen den Eheleuten aufgeteilt.

  1. Schritt: Unterhaltsberechnung bei hohem Einkommen

Nicht ganz so einfach gestaltet sich die Berechnung für Unternehmer und Personen mit hohem bzw. unregelmässigem Einkommen. Da Besserverdienende und Selbstständige eher schwankende Einkünfte aufweisen, fällt die Unterhaltsberechnung weniger eindeutig aus als bei Arbeitnehmenden mit durchschnittlichen Einkünften.

Zu den unterhaltsrechtlich relevanten Einkünften zählen bei diesem Personenkreis auch solche, die zwar in Zukunft anfallen können, jedoch vom Erfolg des Unternehmens abhängig sind:

  • Monatsgehalt
  • und 14. Monatsgehalt
  • Boni und Gratifikationen
  • Gewinnbeteiligungen
  • Überstundenvergütung
  • Provisionen und Tantiemen
  • Ersatz für Spesen und sonstige Aufwendungen
  • Vermögensertrag aus Geldanlagen, Immobilien etc.
  • Gewinnausschüttungen aus Kapitalgesellschaften

Der Unterhaltsverpflichtete muss sich die Anrechnung von Boni und Gratifikationen, Provisionen und Tantiemen gefallen lassen, auch wenn diese noch nicht verdient sind. Als Berechnungsgrundlage gilt ein Durchschnittswert der letzten 3 bis 5 Jahre.

Berechnungsmassstab bei Besserverdienenden

Daher ist auch der Berechnungsmassstab ein anderer. Während bei üblichen Einkommen die Differenz aus Einkommen und Lebenshaltungskosten ermittelt wird, zählt bei hohem Einkommen primär der bisherige Lebensstandard. Für dessen Ausgaben sind zusätzlich zum Grundbedarf und den üblich anfallenden Kosten alle weiteren Ausgaben zu zählen.

Das gilt auch, wenn es sich hierbei um kostenintensive Hobbys und Gewohnheiten handelt. Infrage kommen beispielsweise Sport, Hobbys, Bekleidung, gesellschaftliche Verpflichtungen, Privatunterricht für Kinder, Ferien, Haushaltshilfe, Gartenunterhalt, Unterhalt und Leasing für Autos etc.

Wichtig: Macht der Antragsteller auf Unterhalt solche Aufwände für sich geltend, muss er diese lückenlos belegen. Andernfalls gelten sie als nicht vorhanden.

Nachträgliche Änderungen

Wann sind Unterhaltssenkungen oder –streichungen möglich?

Wenn das Scheidungsgericht über den Unterhalt entschieden hat, ist dieser in der Regel für den festgesetzten Zeitraum zu begleichen. Es gibt jedoch einige Umstände, die zur Herabsetzung oder sogar Streichung der Unterhaltsverpflichtung führen.

Das ist u. a. dann der Fall, wenn die Forderung unbillig wäre, beispielsweise bei grober Verletzung der Unterhaltsbeitragspflicht oder fälschlicher Darstellung der Bedürftigkeit. Auch die vorsätzliche und grob fahrlässige Beeinträchtigung des eigenen Vermögens kann zur Reduzierung des Unterhalts führen.

Die Verübung einer Straftat zwischen den Eheleuten endet meist sogar mit Streichung des Unterhalts.

Reduziert ein Konkubinat die Unterhaltspflicht?

Geht der Unterhaltsempfänger ein Konkubinat ein, bei dem der neue Partner ihn finanziell unterstützt, kann dies die Unterhaltsberechtigung mindern.

  • Anrechnung konkreter Zuschüsse

Erhält der Unterhaltsempfänger eine finanzielle Unterstützung durch den Konkubinatspartner, die konkret nachweisbar ist, reduziert sich die Unterhaltsforderung um diesen Betrag.

  • Reduzierung der Lebenshaltungskosten

Erfolgt kein konkreter finanzieller Zuschuss, liegt aber eine Wohn- und Lebensgemeinschaft vor, sind die dadurch entstehenden Einsparungen den Lebenshaltungskosten anzurechnen. Dabei wird das betreibungsrechtliche Existenzminimum zugrundegelegt. Einsparungen werden hinsichtlich Mietzins, Strom, Wasser, Telefon etc. angenommen.

Wichtig: Hier ist stets der wirtschaftliche Vorteil, den der unterhaltsberechtigte Konkubinatspartner daraus zieht, massgeblich, nicht die Dauer der Partnerschaft.

  • Wegfall des Unterhalts

Vollständig entfällt eine Unterhaltspflicht, wenn der Unterhaltsberechtigte ein qualifiziertes Konkubinat eingeht. Das ist dann der Fall, wenn eine Wohn-/Tisch-/Bettgemeinschaft geführt wird, die auf Dauer angelegt ist und sowohl geistig-seelische wie auch wirtschaftliche Komponenten aufweist.

In jedem Fall geht das Bundesgericht bei einem Konkubinat von mindestens 5 Jahren Dauer von einem qualifizierten Konkubinat aus. Aber auch bei geringerer Partnerschaftsdauer ist unter Umständen davon auszugehen, beispielsweise wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind.

  • Anfechtung der Unterhaltsstreichung

Will die bisher unterhaltsberechtigte Person den Unterhalt trotz Konkubinat geltend machen, muss sie beweisen, dass kein qualifiziertes Konkubinat besteht, der Unterhalt also nicht gestrichen werden darf.

Sind Beitragssteigerungen durchsetzbar?

Die Anhebung der Unterhaltsverpflichtung ist eher selten. Im Normalfall bleibt die im Scheidungsurteil festgelegte Höhe erhalten oder reduziert sich. Eine Erhöhung ist nach Art. 129 ZGB nur möglich, wenn es die dauerhafte und umfassende Verbesserung der Finanzen des Unterhaltspflichtigen möglich macht.

Auch wenn im Scheidungsverfahren festgestellt wurde, dass der Unterhalt zwar höher sein müsste, der Unterhaltspflichtige jedoch nicht leistungsfähig genug war, kann der Beitrag später erhöht werden.

Voraussetzung für die Änderung des Scheidungsurteils hinsichtlich der Höhe ist, dass die Abänderungsklage vor Ablauf von 5 Jahren seit Inkrafttreten des Scheidungsurteils eingereicht wird.

Kann Unterhalt an die Teuerungsrate angepasst werden?

Der Unterhaltsbeitrag darf indexiert werden. Das bedeutet, dass die Steigerung der Lebenshaltungskosten zu einer entsprechenden Anpassung des Unterhalts führt.

Wichtig: Diese in Art. 128 ZGB festgelegte Teuerungsanpassung darf jedoch nur durchgeführt werden, wenn sie ausdrücklich im Scheidungsurteil aufgenommen wurde. Dann orientiert der Unterhalt am Landindex für Konsumentenpreise.

So wird der neue Unterhaltsbetrag berechnet:

Fazit: Nachehelicher Unterhalt bietet wichtige Unterstützung

Der nacheheliche Unterhalt dient in der Schweiz dazu, vor allem Scheidungspartner, die während der Ehe nicht gearbeitet haben oder älter bzw. krank sind, zu unterstützen. Für die Ermittlung der Unterhaltshöhe, Leistungsdauer und des Zahlungspflichtigen setzen die Gerichte eine Reihe an Kriterien an, zumal der Unterhalt nur eine Überbrückungsleistung darstellen soll.

Geht der Unterhaltsempfänger ein Konkubinat mit finanzieller Unterstützung ein oder heiratet, reduziert sich der Unterhalt oder wird komplett gestrichen. Erhöhen sich die Lebenshaltungskosten, kann der Unterhalt an die Teuerungsrate angepasst werden.