Wann Sie ein Testament in der Schweiz anfechten können

Testament anfechten

Was passiert, wenn eine Partei unrechtmässig von ihrem Erbe ausgeschlossen wurde und ihr selbst der Pflichtteil von den anderen Erben verwehrt wird? In einem solchen Fall ist es notwendig, das Testament anzufechten und eine Klage vor dem zuständigen Nachlassgericht einzureichen. Die Kosten für diesen Prozess müssen zunächst vom Kläger vorgestreckt werden. Bei einem erfolgreichen Prozess gehen diese Kosten auf die Erbengemeinschaft über und müssen von dieser erstattet werden.

Als Ehepartner, Nachkomme oder Elternteil eines Erblassers haben Sie übrigens immer einen Anspruch auf den Pflichtteil. Allein aus diesem Grund lohnt sich eine entsprechende Klage, die in der Regel zugunsten des Klägers ausfällt.

Wann kann ich ein Testament anfechten?

Sie können ein Testament anfechten, sobald es unrechtmässig ist oder Ihre Rechte als Erbe beschneidet. Dabei sind alle gesetzlichen Erben aktivlegitimiert. Das bedeutet, dass jeder für sich das Testament anfechten kann und keine Gemeinschaftsklage aller Erben eingereicht werden muss.

Eine sogenannte Ungültigkeitsklage muss dabei innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Erblassers beziehungsweise innerhalb von 10 Jahren nach der Aufsetzung eines Testaments erfolgen. Unter bestimmten Umständen, beispielsweise einer Rechtsverletzung oder einem Willensmangel des Erblassers, kann die Verjährungsfrist auf 30 Jahre angehoben werden.

Möglichen Voraussetzungen um ein Testament anfechten zu können

Ein Testament kann von einem Erbberechtigten innerhalb einer Jahresfrist angefochten werden, wenn es bestimmte Kriterien nicht erfüllt. Die häufigsten Gründe für eine Klage vor dem Nachlassgericht sind:

  • Sittenwidrigkeit
  • Formmangel
  • Willensmangel
  • Verfügungsfähigkeit

Sittenwidrigkeit

Eine Sittenwidrigkeit des Testaments liegt vor, wenn beispielsweise eine Vertrauensperson im Testament vorgezogen wurde. Hierzu zählen neben behandelnden Ärzten und Therapeuten auch Pfleger und andere Dienstleister.

Formmangel

Unter einem Formmangel versteht man eine rechtswidrige Form des Schriftstücks. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Testament nicht handschriftlich verfasst (bzw. nicht notariell beglaubigt) wurde oder nur die Kopie eines Testaments vorliegt. Es ist gesetzlich geregelt, dass maschinelle Kopien eines Testaments vor Gericht unwirksam sind. Wenn Sie also eine Kopie erstellen wollen, müssen Sie diese ebenfalls handschriftlich verfassen.

Willensmangel

Sollte der Erblasser unter Drohungen gezwungen worden sein, ein Testament zu verfassen ist dieses nicht gültig. Das Gleiche gilt für ein Testament, welches aufgrund einer Täuschung verfasst würde. In diesem Fall würde das gesamte Schriftstück für nichtig erklärt werden und die gesetzlichen Bestimmungen in Kraft treten.

Verfügungsfähigkeit

Wenn der Erblasser bei der Verfassung des Testaments verfügungsunfähig war, ist es ebenfalls nicht gültig. Dies wäre der Fall, wenn der Erblasser beispielsweise unter Alkoholeinfluss stünde und zu diesem Zeitpunkt nicht urteilsfähig wäre.

Übrigens: Es ist gesetzlich geregelt, dass ein Testament handschriftlich verfasst werden muss. Allerdings gibt es eine Ausnahme – Sie können Ihr Testament auch am PC schreiben und ausdrucken, wenn Sie es im Anschluss notariell beurkunden lassen.

Herabsetzungsklage oder Ungültigkeitsklage?

Bevor Sie ein Testament anfechten, sollten Sie sich im Klaren sein, ob Sie eine Herabsetzungsklage oder eine Ungültigkeitsklage beim Nachlassgericht einreichen möchten.

Die Ungültigkeitsklage bezieht sich auf die folgenden Rechtsverletzungen:

  • Rechtswidrigkeit
  • Formmangel
  • Willensmangel
  • Verfügungsfähigkeit

Die Herabsetzungsklage hingegen behandelt alle Pflichtteilverletzungen. Wenn Sie also der Meinung sind, dass der Erblasser bei der Aufsetzung des Testaments unter Druck gesetzt wurde, das Testament gefälscht ist oder rechts- beziehungsweise sittenwidrig ist, reichen Sie eine Ungültigkeitsklage ein.

Sollte der Erblasser Sie unrechtmässig enterbt haben, können Sie gegenüber die anderen Erben Ihren Pflichtteil einfordern. Um dies zu erreichen, müssen Sie vor Gericht eine Herabsetzungsklage einreichen. Durch diese werden die Anteile der übrigen Erben herabgesetzt, um Ihren rechtmässigen Anteil wiederherzustellen.

Interessant: Der Erblasser kann eine sogenannte Strafklausel in das Testament aufnehmen. Diese besagt, dass wenn einer der Erben die Rechtmässigkeit des Dokuments anfechten sollte, dieser lediglich das Recht auf seinen Pflichtteil hat.

Wer kann ein Testament anfechten?

Ein Testament kann von jedem berechtigten Erben angefochten werden. Dabei liegt die Beweispflicht stets beim Kläger. Sollten Sie also beispielsweise eine Ungültigkeitsklage wegen Willensmangel einreichen, müssen Sie Beweise erbringen können, dass der Erblasser bei der Erstellung des Testaments unter Druck gesetzt wurde.

Die Ungültigkeitsklage ist ebenso wie die Herabsetzungsklage beim Nachlassgericht zu stellen. Zuständig ist dabei das Gericht, welches sich am letzten Wohnort des Erblassers befindet.

Ausnahme: Sollte es um ein Grundstück oder eine Immobilie aus dem Nachlass gehen, ist der Standort der Immobilie entscheidend.

Vorgehensweise zur Anfechtung eines Testaments

Um ein Testament vor Gericht anzufechten, müssen sie sich keinen anwaltlichen Beistand holen – Sie sind auch als Privatperson dazu berechtigt. Allerdings stehen Sie als Kläger in der Beweispflicht und müssen dem Gericht überzeugende Argumente liefern, die die Ungültigkeit oder Rechtswidrigkeit des Testaments belegen. Auch das Anwaltshonorar zahlen Sie aus eigener Tasche.

Sollten Sie allerdings Erfolg mit Ihrer Klage haben, müssen Ihnen die anderen Erben die Anwalts- und Prozesskosten in vollem Umfang erstatten.

Schritt 1 – Anfechtungsgrund bestimmen

Im ersten Schritt ist es ratsam, sich eine Kopie des Testaments zu verschaffen, um es bestmöglich überprüfen zu können. Filtern Sie mögliche Gründe für die Ungültigkeit des Testamentes heraus und überlegen sich stichhaltige Argumente. Sollte es darum gehen, einen Pflichtteil einzufordern, müssen Sie lediglich den engen Verwandtschaftsgrad zum Erblasser nachweisen können.

Schritt 2 – Klage verfassen und einreichen

Im zweiten Schritt verfassen Sie die Klage, entweder Ungültigkeitsklage oder Herabsetzungsklage, und reichen diese beim zuständigen Nachlassgericht ein.

Es ist ratsam, sich anwaltliche Unterstützung zu holen, gerade wenn es darum geht, ein Testament für ungültig erklären zu lassen. Gerade wenn es um grössere Summen geht, werden sich die anderen Parteien höchstwahrscheinlich ebenfalls einen Anwalt suchen.

Wie hoch sind die Erfolgschancen?

Es lohnt sich in jedem Fall, ein unrechtmässiges Testament anzufechten. Während der Kläger bei einer Ungültigkeitsklage stichhaltige Beweise vorlegen muss, verhält es sich mit einer Herabsetzungsklage viel einfacher. Die Erfolgschancen, in diesem Fall recht zu bekommen sind sehr hoch, da Sie als Nachkomme, Partner oder Elternteil einen Anspruch auf den Pflichtteil haben. Um Sie zu enterben, müssten entweder bereits triftige Gründe vom Erblasser vorgelegt worden sein oder sie müssten von den anderen Erben erbracht werden.

Sollten Sie keine schweren Verbrechen oder Pflichtverletzungen gegenüber dem Erblasser zu verantworten haben, steht Ihnen rechtmässig ein Pflichtteil des Erbes zu und die Chancen auf einen Erfolg der Klage sind sehr gut.

Fazit

Sie können ohne grösseren Aufwand ein Testament anfechten, wenn dieses unrechtmässig ist. Dafür bedienen Sie sich entweder einer Ungültigkeits- oder einer Herabsetzungsklage und müssen in beiden Fällen Beweise erbringen, die für Sie und Ihre Auffassung sprechen. Dabei haben gerade Herabsetzungsklagen, die der Einforderung eines Pflichtteils dienen, gute Chancen auf Erfolg.