Das erbrechtliche Vermächtnis in der Schweiz

Erbrechtliches Vermächtnis

Mit einem Vermächtnis begünstigt der Erblasser eine Person, ohne sie zum Erben zu machen. Ihr stehen im Testament oder Erbvertrag benannte Sachwerte, Bargeld oder Immobilien und Grundstücke aus dem Nachlass zu. Ist die begünstigte Person gleichzeitig erbberechtigt, kann sie das Erbe ausschlagen, ohne das Legat zu verlieren. Allerdings ist auch ein Vermächtnis analog der Erbschaft zu versteuern.

Wann es dennoch sinnvoll ist und was Erblasser, Erbengemeinschaft und Vermächtnisnehmer wissen sollten, haben wir Ihnen zusammengestellt.

Was bedeutet Vermächtnis bzw. Legat?

Sind Sie nach der gesetzlichen Erbfolge bzw. einem Testament erbberechtigt, werden Sie Erbe mit allen Rechten und Pflichten. Anders bei einem Vermächtnis (Art. 562 ZGB), das auch Legat genannt wird. Dabei vererbt ein Erblasser der begünstigten Person im Rahmen eines Testaments oder Erbvertrags einen bestimmten Betrag bzw. Sachwerte (Art. 563 ZGB). Das können beispielsweise Schmuckstücke, ein Gemälde oder persönliche Dinge wie die Tagebücher des Verstorbenen sein. Vermächtnisnehmer kann beispielsweise auch eine gemeinnützige Organisation werden.

Für den Fall, dass der Vermächtnisnehmer ausfällt, kann der Erblasser einen oder mehrere Ersatzbegünstigte benennen. Gründe für den Ersatz können u. a. die Ausschlagung des Legats oder das Vorversterben des Vermächtnisnehmers sein. Versäumt der Erblasser die Nennung von Ersatzbegünstigten, fällt das Vermächtnis in den Nachlass.

Unterschied zwischen Legat und Erbe

Der Begünstigte, Vermächtnisnehmer genannt, wird durch das Legat nicht Teil der Erbengemeinschaft. Er hat keinen Erbanspruch, wenn er nicht zugleich Erbberechtigter ist. Vielmehr hat er—ähnlich der Schenkung zu Lebzeiten—einen Anspruch gegenüber der Erbengemeinschaft auf Auszahlung oder Herausgabe der Sache. Er haftet nicht wie Erben für die Schulden des Erblassers und übernimmt auch keine weiteren Pflichten.

Im Rahmen eines Legats kann der Erblasser zudem Dritte begünstigen, die nicht zur Familie gehören. Das können Freunde, Nachbarn oder sogar Tiere sein.

Was darf Inhalt eines Vermächtnisses sein?

Es gibt keine Vorgabe, was zu einem Legat bestimmt werden darf. Neben Bargeld, Wertpapieren, Pfandrechten und Sachwerten können auch Rechte Gegenstand des Vermächtnisses sein. Dazu gehören beispielsweise ein Wohnrecht oder die Nutzniessung einer Maschine.

Die Festlegung einer Nachlassquote ist ebenfalls möglich. Darüber hinaus können Versicherungsansprüche (Art. 563 II ZGB) und Forderungen des Erblassers Inhalt des Legats sein. Dabei muss dem Begünstigten mit einem Vermächtnis nicht immer etwas zukommen. Es kann ihm auch etwas genommen werden: Schulden beispielsweise.

Unter Nutzniessung versteht man eine Berechtigung zur Nutzung eines Vermögenswertes, einer Immobilie oder einer Maschine. Damit geht das Eigentum auf die Erben über, das Nutzungsrecht jedoch—zumindest für einen festgelegten Zeitraum—auf den Nutzniesser. Eine Konstellation, die häufig für Widerstand bei den Erben sorgt, da sie nicht mehr frei über den Gegenstand oder eine Immobilie verfügen können.

Beim Verschaffungsvermächtnis wird eine Person verpflichtet, einen bestimmten Gegenstand zu beschaffen und an den eigentlichen Vermächtnisnehmer auszuhändigen.

Kann sich der Erblasser nicht entscheiden, welche Wertgegenstände und Barwerte er dem Begünstigten zukommen lassen soll, kann er das Wahlvermächtnis erlassen. Dafür bestimmt er mehrere Vermächtniswerte, zwischen denen der Vermächtnisnehmer sich entscheiden kann. Er darf sich je nach Legat ein oder mehrere Vermächtniswerte aussuchen.

Wann ist ein Legat sinnvoll?

Da ein Vermächtnis häufig für unliebsame Überraschungen bei der Erbengemeinschaft sorgt, sollte sich ein Erblasser über die Folgen bewusst sein. Weniger strittig sind dagegen meist Zuwendungen an eine gemeinnützige Organisation. Häufig werden Tierheime oder Schutzorganisationen für Kinder mit einem Legat bedacht.

Was versteht man unter Vorausvermächtnis und Nachvermächtnis?

Es ist möglich, gleichzeitig Erbe und Vermächtnisnehmer zu sein. Das ist dann der Fall, wenn mehrere Personen erben und der Erblasser sicherstellen will, dass ein Miterbe einen bestimmten Vermögensgegenstand erhält.

Diese Zuwendung per letztmaliger Verfügung wird Vorausvermächtnis genannt. Die Pflichtteile der Erben werden dadurch jedoch nicht geschmälert. Deren Berechnung erfolgt inklusive des Legats, wodurch sichergestellt wird, dass Pflichtteilsberechtigte ihren gesetzlich vorgesehenen Teil erhalten.

Hat der Erblasser dennoch mit seinem Legat die Pflichtteile gesetzlicher Erben verletzt, können diese die Herabsetzung des Vermächtnisses verlangen und notfalls per Klage durchsetzen.

Das Vermächtnis bleibt auch erhalten, wenn der Erbe die Erbschaft ausschlägt. Selbstverständlich hat er darüber hinaus das Recht, auch das Legat auszuschlagen.

Was ist eine Teilungsvorschrift?

Wenn das Vorausvermächtnis eines Erben im letzten Willen nicht eindeutig bezeichnet wurde, wird angenommen, es handelt sich um eine Teilungsvorschrift. Dann erhält der Erbe als Vorausvermächtnisnehmer das Legat nicht zusätzlich zu seinem Erbteil. Stattdessen wird es auf seine Erbquote angerechnet.

Es ist daher besonders wichtig, dass das Testament sorgfältig ausformuliert und von einem Rechtsexperten geprüft wird. Im Zweifelsfall unterstellt das Gesetz eine Absicht zur Teilungsvorschrift (Art. 608 ZGB) mit der bereits beschriebenen Folge der Anrechenbarkeit.

Welchen Vorteil hat ein Nachvermächtnis?

Mit einem Nachvermächtnis können Erblasser die Zukunft eines bestimmten Sachwertes planen. Diese Variante ist unter Eheleuten beliebt. Zuerst wird der überlebende Ehepartner als sogenannter Vorvermächtnisnehmer begünstigt und im Anschluss eines der Kinder. Dafür kann ein bestimmter Zeitpunkt zu Lebzeiten des Vorvermächtnisnehmers festgelegt werden. Andernfalls geht das Legat mit dessen Tod auf den Nachvermächtnisnehmer, das ausgewählte Kind, über.

Eindeutige Abgrenzung im Testament nötig

Ein Vermächtnis kann nur im Rahmen eines Testaments oder Erbvertrags verfügt werden. Die Formulierung muss zweifelsfrei gewählt sein, sodass klar ist, ob es sich um ein Legat oder um einen Erbteil handelt. Da Letzteres auch die Übernahme von Verbindlichkeiten des Erblassers sowie die Kosten der Bestattung und der Erbteilung beinhalten, sind ansonsten Erbstreitigkeiten die Folge.

Auch die Pflichtteile müssen im Testament berücksichtigt werden, da ein Legat diese nicht schmälern darf. Es empfiehlt sich daher, bei der Erstellung des letzten Willens einen Fachanwalt für Erbrecht hinzuzuziehen. Sie können Ihren Entwurf auch nachträglich prüfen lassen, nachdem Sie das Testament handschriftlich verfasst haben. Allerdings müssen Sie es dann bei Formfehlern oder unklaren Formulierungen nochmals schreiben.

Tipp: Natürlich können Sie Ihren letzten Willen auch ohne juristischen Beistand verfassen. Beachten Sie jedoch, dass ein Formfehler nicht nur zur Ungültigkeit des Legats führen kann, sondern des kompletten Testaments.

Wird dies erst bei Testamentseröffnung festgestellt, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Das Legat wäre in dieser Situation hinfällig bzw. vom guten Willen der Pflichtteilsberechtigten abhängig.

Was tun, wenn die Erben das Legat nicht herausgeben?

Der Vermächtnisnehmer hat Anspruch auf Herausgabe des vorgesehenen Barbetrags oder des Sachwerts bzw. der Übertragung des jeweiligen Rechts. Allerdings müssen die Erben das Legat nicht unaufgefordert herausgeben, wenn kein Termin gesetzt ist. Daher ist es wichtig, im Testament einen Übergabezeitpunkt zu bestimmen (Art. 562 II ZGB).

Fehlt diese Vorgabe, entsteht der Vermächtnis-Anspruch, sobald der Erbe die Erbschaft angenommen hat bzw. nicht mehr ausschlagen kann. Sobald der Vermächtnisnehmer die Herausgabe einfordert, ist der Erbe verpflichtet, das Legat herauszugeben.

Der Vermächtnisnehmer ist Gläubiger der Erbengemeinschaft und kann auch nur bei dieser die Herausgabe einfordern. Die Nachlassbehörde ist hierfür nicht zuständig.

Tipp: Die Gläubiger des Erblassers und die der Erben stehen im Rang vor dem Vermächtnisnehmer (Art. 564 ZGB). Auch aus diesem Grund kann eine Herausgabe des Legats verweigert werden.

So kommen Sie an Ihr Vermächtnis

Nur 3 Schritte bis zur erfolgreichen Herausgabe des Legats:

  • Als Vermächtnisnehmer sollten Sie die Erben zur Herausgabe des Vermächtnisses auffordern. Das müssen Sie schriftlich mit Fristsetzung und per Einschreiben tun.
  • Bleibt eine Reaktion aus oder lehnen die Erben die Herausgabe ab, sollten diese abgemahnt werden. Dazu schicken Sie der Erbengemeinschaft eine schriftliche und eingeschriebene Abmahnung zu oder beauftragen einen Anwalt damit.
  • Steht die Herausgabe weiterhin aus, bleibt ihnen nur die Erhebung einer Leistungsklage gegen die Erben. Je nach Legat können Sie in diesem Zusammenhang auch einen Verzugsschaden geltend machen (103 OR). Dafür sollten Sie in jedem Fall einen Fachanwalt zurate ziehen.

Eine Vermächtnisklage verjährt mit dem Ablauf von 10 Jahren (Art. 601 ZGB). Daher sollte ein Begünstigter nicht zu lange warten, wenn er das Legat nicht erhält.

Die Herausgabe ist auch dann unmöglich, wenn sich das Vermächtnis nicht im Nachlass befindet und der Erblasser keinen Ersatz bestimmt hat. In diesem Fall verfällt der Anspruch. Das gilt auch, wenn das Legat aus rechtlichen oder sonstigen Gründen nicht herausgegeben werden kann.

Wie sollte ein Legat formuliert werden?

Um Erbstreitigkeiten aufgrund unklarer Formulierungen zu vermeiden, sollten Sie auf zweifelsfreie Anweisungen Wert legen. Vermeiden Sie beim Verfassen eines Testaments ausschweifende Erläuterungen und historische Begründungen für das Vermächtnis. Es ist im Rahmen der Verfügung irrelevant, weshalb Sie sich für den Begünstigten und den Vermächtnisgegenstand entschieden haben. Solche Ablenkungen verursachen bei der Testamentseröffnung lediglich Fragen und fördern Streitigkeiten unter den Beteiligten.

Ein Testament sollte diese Angaben enthalten, um Missverständnisse beim Vermächtnis zu vermeiden:

  1. Begünstigte Person oder gemeinnützige Organisation mit voller Bezeichnung und Anschrift angeben
  2. Vermächtnisgegenstand bzw. Vermächtnisrecht mit genauer Bezeichnung, Artikelnummer, Farbe, besonderen Merkmalen etc.
  3. Frist bis zur Herausgabe an den Vermächtnisnehmer
  4. Datum der Übergabe bei einem Nachvermächtnis

Was ist bei der Formulierung zu beachten?

Formulieren Sie klar und ohne Umschweife: „Karl Schwyz erhält als Legat mein geschnitztes Schachspiel.“

Unklar könnte beispielsweise wirken: „Da ich meinen guten Freund Karl Schwyz vermissen werde, soll er mein geschnitztes Schachspiel erben.“ Der Grund: Hier wird nicht deutlich, ob die Zuwendung Erbteil ist oder ein Legat. Eine Unwirksamkeit kann fatal für das Testament sein.

Tipp: Es empfiehlt sich daher, die Formulierung von einem Experten überarbeiten zu lassen.

Wie wird ein Vermächtnis versteuert?

Das Legat wird nach Wert und Verwandtschaftsverhältnis mit Erbschaftssteuer belegt. Bei gemeinnützigen Organisationen bleibt das Vermächtnis steuerfrei.

Die Berechnung bei natürlichen Personen folgt der bei der Besteuerung des Erbes: Je enger Erblasser und Vermächtnisnehmer verwandt sind, desto weniger Erbschaftssteuer fällt an. Dem entgegen steht der Wert des Legats. Hier gilt: je hochwertiger, desto höher besteuert.

Tipp: Wer die Steuer für das Vermächtnis nicht in einer Summe tragen kann, sollte beim Steueramt einen Aufschub beantragen.

Fazit: Mit einem Legat am Nachlass teilhaben, ohne als Erbe zu haften

Mit einem Legat begünstigt der Erblasser eine Person, ohne dieser Rechte und Pflichten als Erbe zu übertragen. Der Vermächtnisnehmer hat Anspruch auf Herausgabe des Legats gegen den Erben bzw. die Erbengemeinschaft. Verweigern diese die Herausgabe, hilft nur eine Leistungsklage gegen die Erben.

Um das Vermächtnis möglichst reibungslos zu übergeben, empfehlen sich klare Formulierungen mit präzisen Angaben zu Personen, Vermächtnisgegenstand, Ersatzvermächtnisnehmer und Übergabetermin. Da Fehler in Form und Inhalt das Testament ungültig machen können, sollte der Text von einem Fachanwalt geprüft werden.