Was Sie beim Erbvorbezug in der Schweiz beachten müssen

Erbvorbezug

Sie möchten Ihre nahen Verwandten unterstützen und Ihnen bereits zu Lebzeiten einen Teil des Erbes übergeben? Mithilfe eines sogenannten Erbvorbezugs ist diese Massnahme möglich. Wie die Durchführung funktioniert, welche Unterschiede es zur Schenkung gibt und was für Vor- und Nachteile der Erbvorbezug mit sich bringt, erfahren Sie im heutigen Artikel.

Was ist ein Erbvorbezug?

Von einem Erbvorbezug spricht man, wenn ein Teil des Erbes bereits zu Lebzeiten an die Kinder oder sonstige nahen Verwandten des künftigen Erblassers ausgezahlt wird. Darunter können neben Immobilien, der häufigsten Form des Erbvorbezugs, auch Autos, Wertgegenstände oder Bargeld fallen.

Beispiel: Sie haben zwei Kinder. Eines davon ist nun volljährig und Sie möchten es unterstützen, indem Sie ihm den Führerschein und das passende Auto finanzieren. Hierfür geben Sie Ihrem Kind 20.000 Franken, vereinbaren aber, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Ausgleichszahlung stattfinden soll, um ihr anderes Kind nicht finanziell zu benachteiligen.

Wann ist ein Erbvorbezug sinnvoll?

Wenn Sie mehrere Nachkommen haben, einer jedoch kurzfristig finanzielle Hilfe benötigt, lohnt sich ein Erbvorbezug (auch vorweggenommene Erbfolge genannt). So können Sie zum einen Streitigkeiten vermeiden, da der Wert der vorgezogenen Erbschaft später auf den gesamten Nachlass angerechnet wird und ausgeglichen werden muss. Zum anderen können Sie Ihren Nachkommen und engen Verwandten kurzfristig finanziell unter die Arme greifen.

Achtung:

Auch bei einem Erbvorbezug gilt die Pflicht der Ausgleichszahlung. Diese tritt zum Todeszeitpunkt des Erblassers ein. In diesem Fall wird der Wert des Erbvorbezugs errechnet und auf den gesamten Nachlass angerechnet. Gerade bei Immobilien oder Wertgegenständen kann sich dieser dann unter Umständen drastisch verändern.

Die Pflicht zur Ausgleichszahlung

Die Ausgleichspflicht kann teilweise umgangen werden, wenn der Erblasser im Testament anweist, den Erbvorbezug nicht auf das Erbe anzurechnen.

Vorsicht: Die Pflichtteile gelten dennoch und müssen unter allen Erben gerecht aufgeteilt werden.

Beispiel: Wurde ein Erbvorbezug gemacht und eine Immobilie an einen künftigen Erben überschrieben und sie gewinnt an Wert, muss der aktuelle, erhöhte Wert beachtet werden. Dadurch kann es vorkommen, dass der neue Immobilienbesitzer die Ausgleichszahlung aus eigener Tasche bezahlen muss.

Hat ein Erbvorbezug Nachteile?

Ein Erbvorbezug hat keine gravierenden Nachteile, da er auf das Erbe angerechnet wird. Dadurch wird keine Partei ausgeschlossen oder ihres Teiles beraubt. Allerdings ist der Erbvorbezug steuerlich mit einer Schenkung gleichzusetzen – das bedeutet, er unterliegt der Schenkungssteuer.

Da die Steuerhöhe auf eine Erbschaft kantonal sehr unterschiedlich ist und teilweise sogar ganz wegfällt, kann es durchaus vorkommen, dass auf einen Erbvorbezug eine höhere Steuer zu errichten ist als es bei einer späteren regulären Erbschaft der Fall wäre.

Kürzung der Ergänzungsleistungen

Eine Kürzung, die relevant für die Erben ist, ergibt sich nur, wenn der Erblasser anweist, den Erbvorbezug nicht auf das Erbe anzurechnen. Allerdings müssen die Erben auch hier keine Angst haben, ihren gesamten Anspruch zu verlieren.

Den regulären Erben steht immer ein Pflichtteil (Pflichtteil verlinken) des Nachlasses zu. Eine generelle Enterbung ist zwar theoretisch möglich, in den meisten Fällen jedoch schwer durchzusetzen, da sie triftiger Gründe bedarf.

Welche Alternativen gibt es zum Erbvorbezug?

Selbstverständlich gibt es auch Alternativen zu einem Erbvorbezug. Diese geben dem Erblasser ebenfalls die Möglichkeit, einzelne Erben bereits im Voraus finanziell zu unterstützen. Dabei wird hauptsächlich zwischen zwei Verfahren unterschieden – der Schenkung, dem Darlehen und der Übertragung.

Schenkung als Alternative für Erbvorbezug

Die Schenkung ist eine gängige Alternative zum Erbvorbezug. Das Verfahren gleicht sich fast, so wird bei der Schenkung beispielsweise die gleiche Schenkungssteuer fällig wie bei einem Erbvorbezug. Der grosse Unterschied zwischen einer Schenkung und einem Erbvorbezug liegt darin, dass erstere nicht auf das Erbe angerechnet werden muss. Dadurch entfällt die Pflicht zur Ausgleichszahlung zum Todeszeitpunkt des Erblassers.

Darlehen

Ist einer der Erben kurzfristig auf die finanzielle Unterstützung des Erblassers angewiesen, kann dieser ihm alternativ zum Erbvorbezug ein Darlehen anbieten. Dieses verbleibt jedoch im Eigentum des Darlehensgebers und ist vom Darlehensnehmer zurückzuzahlen. Dadurch entfällt auch die spätere Pflicht zur Ausgleichszahlung, da kein Eigentümerwechsel vorliegt und sich somit nichts am Wert des Nachlasses ändert. Um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, entschliessen sich viele Erblasser für die Aufsetzung eines Darlehensvertrages. Dieser stellt zwar keine Pflicht dar, regelt jedoch im Streitfall die Pflichten und Rechte der einzelnen Parteien.

Übertragung

Im Falle einer Übertragung werden die Rechte einer Sache auf einen anderen Menschen übertragen. Aus diesem Grund wird dieser Vorgang auch Eigentumsübertragung genannt. Es ist darauf zu achten, dass bei der Rechteübertragung an Grundstücken und Immobilien ein entsprechender Vertrag verpflichtend ist. Der neue Eigentümer muss ausserdem im Grundbuch eingetragen werden, was mit zusätzlichen Gebühren verbunden und ausschliesslich mit Hilfe eines Notars möglich ist.

Interessant: Entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich bei einer Eigentumsübertragung nicht um einen Kauf. Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Vorgängen besteht darin, dass bei einem Kauf eine Sache im Austausch gegen finanzielle Mittel erworben wird. Bei einer Übertragung bekommt man die Rechte an einer Sache, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen.

Benötige ich einen Erbvorbezugs- / Schenkungsvertrag?

Generell ist im Falle eines Erbvorbezugs oder einer Schenkung kein Vertrag notwendig – die Konditionen können auch mündlich vereinbart werden. Allerdings ist ein schriftlicher Vertrag für beide Parteien sicherer, da einzelne Punkte festgehalten werden können. Im Zweifels- oder Streitfall kann es viel Ärger ersparen, wenn man auf ein von beiden Parteien unterzeichnetes Dokument, welches sämtliche Rechte und Pflichten regelt, zugreifen kann.

Vorsicht: Bei einer Übertragung des Besitzes ist ein notariell beurkundeter Vertrag gesetzlich verpflichtend!

Wie ist der Erbvorbezug zu versteuern?

Erbvorbezüge sind ebenso wie Schenkungen und Erbschaften steuerpflichtig. Dabei hängt die Höhe des Steuersatzes vom jeweiligen Kanton ab und kann nicht generalisiert werden.

Entscheidend bei der Bemessung der Steuerhöhe ist in der Regel der letzte Wohnort des Erblassers. Die einzige Ausnahme bildet hier die Vererbung von Grundstücken und Immobilien. Hier zählt die Lage des jeweiligen Objekts.

Fazit: Der Erbvorbezug als kurzfristige Alternative zum Nachlass

Ein Erbvorbezug ist in jedem Fall eine lohnenswerte Alternative zum eigentlichen Nachlass, da hierdurch potenziellen Erben bereits im Voraus geholfen werden kann. Da er zusätzlich auf das Erbe angerechnet wird und zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet, untergräbt der Erbvorbezug keine Ansprüche einzelner Erben. Der einzige Nachteil könnte sich in steuerlicher Hinsicht ergeben, da in einigen Kantonen Ehepartner und Nachkommen von der Erbschaftssteuer befreit sind, von der Schenkungssteuer jedoch nicht.