Wann Sie die Pensionskasse vorzeitig auszahlen lassen können

Pensionskasse vorzeitig auszahlen lassen

Ihre Pensionskassengelder dürfen Sie in der Regel erst mit Erreichen des Rentenalters beziehen. Es gibt jedoch Gründe, die es ermöglichen Ihre Pensionskasse vorzeitig auszahlen zu lassen. Beispielsweise wenn Sie sich selbstständig machen oder Wohneigentum finanzieren. Erfahren Sie, welche weitere Möglichkeiten es gibt, wie Sie Lücken auf Ihrem Pensionskassenkonto wieder auffüllen können und was Sie dabei beachten sollten.

Habe ich Guthaben in einer Pensionskasse oder Freizügigkeitseinrichtung?

Im sogenannten Obligatorium, dem verpflichtenden Teil der beruflichen Vorsorge, sparen Sie zusammen mit dem Arbeitgeber ein Altersguthaben an. Diese Pflichtbeiträge schreibt der Gesetzgeber nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vor. Es gilt für jeden Arbeitnehmer, der das 17. Lebensjahr vollendet hat und ein Einkommen von mindestens 21’330 CHF (2019) hat.

Zusätzlich kann Ihnen Ihr Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit seiner Vorsorgeeinrichtung ein Überobligatorium anbieten. Dabei sparen Sie über das BVG-Minimum hinaus. Alle Sparbeträge, unabhängig davon, ob verpflichtend oder freiwillig, werden inklusive des Arbeitgeberanteils an die Pensionskasse oder Freizügigkeitseinrichtung abgeführt. Ihr Guthaben wird dort angelegt, verzinst und verwaltet. Zur Prüfung und Dokumentation erhalten Sie jährlich einen persönlichen Vorsorgeausweis, aus dem Sie das aufgelaufene Kapital ersehen. Prüfen Sie diesen, um fehlende Beiträge frühzeitig zu erkennen.

Was die Pensionskasse und die 2. Säule im Detail ausmachen, erfahren Sie hier. Falls Sie Fragen dazu haben, sprechen Sie die Berater Ihrer Vorsorgeeinrichtung, des Vereins BVG-Auskünfte oder der Zentralstelle 2. Säule an.

Freizügigkeitseinrichtung oder Pensionskasse?

Treten Sie aus einem der nachfolgend möglichen Gründe aus der Pensionskasse aus, erhalten Sie von der Vorsorgeeinrichtung eine Abrechnung. Aus dieser entnehmen Sie Ihr Freizügigkeitsguthaben, das Ihnen mit dem Austritt zusteht.

Das Guthaben ist kein Sparguthaben, sondern Teil der Altersvorsorge und gehört daher in die Pensionskasse des zukünftigen Arbeitgebers oder—sofern das nicht möglich ist—in eine andere Freizügigkeitseinrichtung. Sie dürfen im letzteren Fall frei wählen, ob Sie ein Freizügigkeitskonto bei einer Bank oder einer unabhängigen Einrichtung nutzen. Alternativ können Sie eine Freizügigkeitspolice bei einer Versicherung eröffnen. Ihr früherer Arbeitgeber bzw. Ihre bisherige Pensionskasse dürfen Ihnen übrigens keine Anlageform vorschreiben.

Informieren Sie Ihre bisherige Vorsorgeeinrichtung umgehend darüber, wofür Sie sich entschieden haben. Diese wird Ihre Freizügigkeitsleistung an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers oder Ihre selbst gewählte Freizügigkeitseinrichtung überweisen. Vergewissern Sie sich, dass die Überweisung vollständig erfolgt ist. Sie erhalten dazu von Ihrer neuen Vorsorgeeinrichtung eine Eingangsbestätigung Ihrer Eintrittsleistung.

Zustimmungspflicht für Verheiratete oder eingetragene Partner

Verheiratete Personen oder eingetragene Lebenspartner benötigen für eine vorzeitige Auszahlung der Pensionskasse stets die Zustimmung des jeweiligen Partners. Diese muss in schriftlicher Form vorliegen.

Wann kann ich mein Pensionskassenguthaben vorzeitig beziehen?

…wenn Sie Ihr Wohneigentum finanzieren

Die Pensionskasse ist Teil der 2. Säule, die zur Sicherung der Altersvorsorge dient. Auch der Kauf von Wohneigentum, die Tilgung von Hypothekardarlehen oder der Erwerb von Anteilsscheinen an Wohnbaugenossenschaften dienen der Altersvorsorge. Daher darf das Freizügigkeitsguthaben der Pensionskasse vorzeitig für diese Zwecke genutzt werden. Bedingung ist, dass Sie einen Hauptwohnsitz finanzieren.

Bis zum Alter von 50 Jahren dürfen Sie dafür das komplette Vorsorgekapital einsetzen. Danach ist die Höhe der vorzeitigen Auszahlung beschränkt. Beachten Sie: Der ausserplanmässige Bezug des Vorsorgekapitals reduziert das vorhandene Guthaben auf Ihrem Vorsorgekonto. Dadurch reduzieren sich auch die Ihnen zustehenden Leistungen. Der Vorbezug bewirkt vor allem die Senkung der Altersrente, aber ggf. auch der Invaliden- und Hinterlassenenrente.

Aus diesem Grund ist die vorzeitige Inanspruchnahme des Freizügigkeitsguthabens nur alle fünf Jahre möglich. Wurde mithilfe des Vorsorgekapitals Wohneigentum erworben, müssen die vorzeitig erhaltenen Mittel beim Verkauf des Objekts wieder zurückerstattet werden.

Wenn Sie sich Vorsorgekapital vorzeitig auszahlen lassen wollen, informieren Sie sich bei Ihrer Pensionskasse oder Ihrer Freizügigkeitseinrichtung nach den Fristen und erforderlichen Unterlagen, wie Kaufvertrag, Darlehensvertrag u. a. Da der Vorbezug steuerbar und in der Steuererklärung anzugeben ist, empfiehlt sich ebenfalls ein Gespräch mit Ihrem Steuerberater.

…wenn Sie eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen

Selbstständigerwerbende sind nicht im Obligatorium der beruflichen Vorsorge der 2. Säule versichert. Waren Sie bisher pflichtversicherter Arbeitnehmer und nehmen nun eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf, können Sie daher einen Barbezug des Pensionskassengeldes beanspruchen und das Vorsorgekonto auflösen. Zu diesem Zeitpunkt haben Sie die einmalige Gelegenheit zu entscheiden, ob Sie Ihr Vorsorgeguthaben splitten oder komplett beziehen wollen. Sie können die Gelder auf zwei Freizügigkeitskonten verteilen und nur eines davon auflösen, um das Guthaben zu beziehen. Diese Wahlmöglichkeit gibt es ansonsten nicht.

Voraussetzung ist, dass Sie den Antrag im Jahr nach der Existenzgründung bei Ihrer Pensionskasse oder Freizügigkeitseinrichtung stellen. Dazu benötigen Sie Belege, um die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit nachzuweisen.

Dazu gehören:

  • AHV-Bestätigung
  • Eintragsurkunde des Handelsregisters
  • Mietvertrag für Büro- oder Gewerberäume
  • Belege für Materialeinkauf

Auch hierzu wird bei Verheirateten oder eingetragenen Lebenspartnern die schriftliche Zustimmung des Partners benötigt.

…wenn Sie dauerhaft aus der Schweiz auswandern

Falls Sie sich entschieden haben, aus der Schweiz auszuwandern, können Sie—je nach Zielland—den Vorbezug Ihres Vorsorgeguthabens beantragen. Mit dem Vorsorgeguthaben können Sie ein Altersvorsorgekonto an Ihrem neuen Wohnsitz eröffnen. Für den Vorbezug des Pensionskassengeldes müssen Sie den Nachweis erbringen, dass Sie nicht nur vorübergehend verreisen, sondern den Erstwohnsitz endgültig ins Ausland verlegen.

Beachten Sie: Massgeblich ist, ob Sie sich innerhalb oder ausserhalb der EU-/EFTA-Staaten niederlassen. Ohne Barbezüge seines Obligatoriums muss auskommen, wer innerhalb der EU-/EFTA-Staaten zügelt (Art. 25f FZG). Der Grund ist, dass in diesen Staaten eine Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge in der Regel ebenfalls obligatorisch ist. Daher verbleibt der verpflichtende Teil des Vorsorgeguthabens, das BVG-Minimum, bis zur ordentlichen Verrentung in der Schweiz. Das Kapital wird auf einem gesperrten Freizügigkeitskonto oder einer -police geparkt bis der Versicherte das Renteneintrittsalter erreicht hat oder der Invaliditätsfall eintritt.

Anders beim überobligatorischen Teil: Dieser darf als Barbezug mit dem Versicherten ins Ausland wechseln, da das Überobligatorium über das gesetzlich vorgeschriebene Minimum hinausgeht und freiwillig ist.

Ob Barbezug oder Sperrkonto —informieren Sie Ihr bisheriges Vorsorgeinstitut mit ensprechenden Nachweisen, beispielsweise der Bestätigung der Einwohnerkontrolle, dass Sie dauerhaft ausreisen. Wie hoch Ihr aktuelles obligatorisches oder überobligatorisches Kapital ist, weist Ihr Versicherungsausweis im Bereich „Information Altersvorsorge“ aus.

…wenn Ihre Freizügigkeitsleistung nicht ausreicht

Ihre Freizügigkeitsleistung sollte nicht geringer ausfallen als Ihre Beiträge pro Jahr. Andernfalls können Sie die Auszahlung des Vorsorgeguthabens beantragen. Wenden Sie sich dazu an Ihre Pensionskasse und lassen Sie sich frühzeitig beraten.

…wenn Sie sich scheiden lassen bzw. trennen

Wenn Ihre Ehe rechtskräftig geschieden wird, schulden Sie Ihrem ehemaligen Partner/Ihrer Partnerin die Hälfte des während der Ehe erworbenen Vorsorgeguthabens. Austrittsleistungen und Rentenanteile werden nach Art. 122–124e ZGB geteilt. Der Güterstand bleibt dabei unbeachtet. Daher überweist Ihre Freizügigkeitseinrichtung diesen Anteil an die Pensionskasse Ihres ehemaligen Ehepartners bzw. der ehemaligen Ehepartnerin.

Umgekehrt kann auch Ihr geschiedener Ehepartner/Ihre Ehepartnerin Ihnen die Hälfte der während der Ehe erworbenen Freizügigkeitsleistungen schulden. Diese werden nach Inkrafttreten des Scheidungsurteils auf Ihr Pensionskassenkonto oder an Ihre Freizügigkeitseinrichtung überwiesen.

Tipp: Ihre Pensionskasse muss Ihnen nach dem scheidungsbedingten Abzug der Freizügigkeitsleistungen den Wiedereinkauf erlauben. Dabei werden die eingezahlten Gelder im gleichen Verhältnis wie bei der monatlichen Beitragsleistung auf Alters- und Vorsorgeguthaben verteilt.

Die Regelungen bezüglich der Scheidung von Eheleuten gelten sinngemäss auch für die gerichtliche Trennung eingetragener Lebenspartnerschaften.

…wenn Sie eine 100%ige Invalidenrente erhalten

Wird Ihnen eine ganze Rente der Invalidenversicherung (IV) bewilligt, haben Sie Anspruch auf Ihr Freizügigkeitsguthaben. Alternativ bieten einige Vorsorgeeinrichtungen an, eine Rente bis zum Erreichen des ordentlichen Pensionsalters zu beziehen.

Beachten Sie: Die vorzeitige Auszahlung lohnt sich nicht, wenn Sie zum Zeitpunkt des Unfalls bzw. Ihrer Erkrankung, welche Grundlage der IV-Rente ist, in einer Pensionskasse versichert waren. Sind Sie weiterhin Versicherter, könnte es nämlich sein, dass Sie neben der IV-Rente zusätzlich eine Invalidenrente Ihrer Pensionskasse erhalten. Haben Sie Ihr Vorsorgekapital bereits vorzeitig bezogen, müssten sie für diese Rente die vorgezogene Auszahlung wieder rückgängig machen.

…wenn Sie in Frühpension gehen

Während das ordentliche Pensionsalter der Frauen bei 64 Jahren und der Männer bei 65 Jahren liegt, ist eine Frühpensionierung schon ab 58 Jahren möglich. Dabei ist auch eine Verrentung in mehreren Teilschritten möglich. Bedingung ist, dass die Vorsorgeeinrichtung dies vorsieht. Einige Pensionskassen legen in ihren Regularien fest, dass eine Pensionierung erst ab 60 Jahren oder später erfolgen darf.

Eine Frühpensionierung kostet Sie mehr Geld, als Sie vielleicht annehmen. Durch den Vorbezug der Pensionskassenrente entsteht meist eine Einkommenslücke. Zudem wird die Pensionskassenrente durch die Frühpensionierung gekürzt. Die Höhe der Kürzung hängt von den Bedingungen der Vorsorgeeinrichtung ab, beläuft sich in der Regel jedoch auf 5-8 % pro Vorbezugsjahr.

Diese Lücke können Sie durch Vorbezug einer AHV-Rente oder mithilfe einer Überbrückungsrente aus der Pensionskasse decken. Darüber hinaus lässt sich die Vorsorgelücke der 2. Säule durch Einkauf in die Pensionskasse bis zur Pensionierung schliessen.

Tipp: Wer eine Frühpensionierung anstrebt, um die Senkung des für die Altersrente massgeblichen Umwandlungssatzes zu verhindern, erreicht den gegenteiligen Effekt. Da bei einer Frühpensionierung die Rentenphase verlängert wird, reduziert sich der Umwandlungssatz sogar weiter, was Einschnitte in der Altersrente bedeutet. Tatsächlich ist für die Altersrente nämlich erst derjenige Umwandlungssatz relevant, der dem Jahr entspricht, in dem Sie das Rentenalter erreichen.

Ist ein freiwilliger Einkauf in die Pensionskasse sinnvoll?

Ob nach einer Scheidung oder aufgrund Vorbezugs—wer eine Lücke auf seinem Vorsorgekapital hat, kann über den freiwilligen Einkauf in die Pensionskasse nachdenken. So können fehlende Beitragsjahre oder Auszahlungen ausgeglichen werden. Berücksichtigen Sie, dass Sie nach einem Einkauf drei Jahre lang keine Leistungen der 2. Säule in Kapitalform beziehen können. Diese Sperre gilt nicht für den vollumfänglichen Rentenbezug.

Zur Entlastung dürfen die getätigten Einkäufe vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Um die Steuerprogression zu optimieren, empfiehlt sich die Verteilung des Einkaufs auf mehrere Jahre.

Tipp: Wer Einkäufe in die Pensionskasse vornimmt und statt seiner Frühpensionierung doch länger arbeitet, riskiert den Verlust der freiwillig getätigten Einkäufe. Informieren Sie sich frühzeitig bei Ihrer Vorsorgeeinrichtung und der zuständigen Steuerbehörde über die Bedingungen.

Fazit: Planen Sie einen vorzeitigen Bezug Ihres Pensionskassenguthabens gründlich

Rund um den Vorbezug des Pensionskassenguthabens bieten sich Ihnen reichlich Möglichkeiten. Zügeln Sie endgültig aus der Schweiz oder machen Sie sich beispielsweise selbstständig, steht Ihnen die Austrittsleistung ohnehin zu.

Planen Sie einen Vorbezug als Arbeitnehmender in der Schweiz, hinterfragen Sie einen solchen Schritt gründlich. Ihr Vorsorgekonto ist nicht für den schnellen Ausgleich finanzieller Lücken geeignet. Denn jeder Vorbezug geht mit deutlichen Einschränkungen der Leistungen Ihrer Vorsorgeeinrichtung einher.

Ob sich ein Einkauf in die Pensionskasse lohnt, ist abhängig von Ihrem Ziel und Ihrem Alter. Zwar ermöglicht der Einkauf möglicherweise eine Frühpensionierung oder die Auffüllung bestehender Lücken, sollte jedoch inklusive der steuerlichen Aspekte umfassend durchgerechnet werden. Überstürzen Sie weitreichende Schritte wie einen Vorbezug des Pensionskassenkapitals nicht.