Rechtliche Bestimmungen zum Ferienanspruch in der Schweiz

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In der Schweiz hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in jedem Jahr mehrere Wochen Ferien zu gewähren. Dieser Ferienanspruch dient der Erholung und darf nicht anderweitig genutzt oder finanziell abgegolten werden. Das Obligationenrecht sieht vielmehr ein Ferienbestimmungsrecht für den Arbeitgeber vor. In besonderen Fällen darf er die Ferien der Arbeitnehmenden sogar kürzen oder bereits genehmigte Ferienzeiten stornieren.

Das Obligationenrecht gibt die Untergrenze für den Ferienanspruch vor. Diese richtet sich nach dem Alter der Arbeitnehmenden. Der Arbeitgeber hat in der Schweiz die Möglichkeit, die gesetzliche Mindestregelung zugunsten des Arbeitnehmenden zu erweitern. In Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und in Einzelarbeitsverträgen werden vor allem Mitarbeiter ab 50 Jahren höhere Ferienansprüche zugestanden.

Auch Kürzungen des Ferienanspruchs sind bei Fehlzeiten des Mitarbeiters aus bestimmten Gründen im Obligationenrecht vorgesehen. Von dieser Alternative darf der Arbeitgeber ebenso Gebrauch machen wie vom Instrument der Verschiebung oder der Stornierung der Ferienzeit.

Wie viele Ferientage habe ich mindestens in der Schweiz?

Alter des Arbeitnehmenden
in Jahren
Mindest-Ferienanspruch pro Jahrfestgelegt in …
bis 205 WochenArt. 329a OR
bis 214 WochenArt. 329a OR
ab ca. 50ca. 5-6 WochenGesamtarbeitsvertrag (GAV) oder Einzelvereinbarung

Während junge Arbeitnehmer bis zum vollendeten 20. Lebensjahr 5 Wochen Ferien geniessen können, stehen Ihnen ab dem 21. Lebensjahr gesetzlich nur noch 4 Wochen zu. Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr erhalten häufig einen erweiterten Ferienanspruch von 5-6 Wochen. Dieser wird nicht gesetzlich festgelegt, sondern resultiert aus Einzelvereinbarungen oder dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) einer Branche. Dessen Vereinbarungen gelten in der Regel für alle Arbeitnehmenden der angeschlossenen Arbeitgeber.

Worin besteht der gesetzliche Ferienzweck?

Sie glauben, dass Sie in den Ferien frei sind zu tun, was Ihnen lieb ist? Nicht ganz, denn der Gesetzgeber verbindet mit dem Ferienanspruch für die Arbeitnehmer in der Schweiz ein klares Ziel: Erholung. Ferien sind zum Erholen da und sollen nach dem Obligationenrecht auch nur Erholungszwecken dienen.

Die freien Tage dürfen beispielsweise nicht für berufliche Zwecke genutzt werden. Daher ist es nicht erlaubt, dass sich ein Arbeitnehmer nach seiner Kündigung in den Ferien aktiv eine neue berufliche Beschäftigung sucht. Der Gesetzgeber fordert stattdessen vom Arbeitgeber Freistunden, in denen sein Arbeitnehmer sich nach einer neuen Tätigkeit umsehen kann.

Unter Erholung versteht der Gesetzgeber ebenfalls nicht, dass ein Arbeitgeber die ständige Erreichbarkeit seiner Mitarbeiter zuhause oder im Urlaub fordert. Muss aus beruflichen Gründen telefoniert, gearbeitet, gewartet oder gemailt werden, sind diese Zeiten keine Erholungszeiten.

Vielmehr sind die Stunden aktiven Arbeitens oder in Bereitschaft für das Unternehmen als Arbeitszeit zu sehen und zu vergüten. Die dadurch verlorene Ferienzeit muss der Arbeitgeber nachgewähren, sodass sich der Mitarbeiter in mindestens zwei Ferienwochen pro Jahr zusammenhängend erholen kann.

Kann ich mir Ferientage auszahlen lassen?

Manchmal passt einfach nichts zusammen. Weder die eigenen Ferienpläne noch die betriebliche Situation und auch nicht die eigene finanzielle Situation. Da wäre es ideal, wenn man sich die Ferientage auszahlen lassen könnte. Geht das?

Nein, denn das im Obligationenrecht definierte Ziel ist die Erholung des Arbeitnehmers. Dazu hat der Gesetzgeber eine klare Meinung, die er in 329d Abs. 2 OR so formuliert: „Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden.

Da hilft es auch nicht, wenn der Arbeitnehmer von sich aus die Auszahlung wünscht und mit seinem Arbeitgeber eine Einzelvereinbarung dazu treffen möchte. Das Ferienabgeltungsverbot gilt für beide Parteien und untersagt jeglichen monetären Ersatz für den Ferienanspruch.

Kann der Ferienanspruch aufgrund einer Erkrankung nicht komplett abgebaut werden, sollte der Arbeitgeber prüfen, ob diese Ferientage stattdessen nicht zu Beginn des Folgejahres gewährt werden können.

Ausnahmen zum Ferienabgeltungsverbot

Aber keine Regelung ohne Ausnahme. Denn der Arbeitgeber darf nicht nur verbliebene Ferientage ausbezahlen, sondern er muss es sogar. Vorausgesetzt, dass Ferientage bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses oder dem Antritt einer längeren Abwesenheit nicht mehr vollständig gewährt werden können.

Die Vergütung kann beispielsweise unumgänglich sein, wenn das Unternehmen unerwartet Geschäfte macht, die den Einsatz des kompletten Personals über einen längeren Zeitraum erfordern. Dabei müssen die steigenden Umsätze jedoch unvorhersehbar gewesen sein. Der Engpass darf nicht aus versäumter Planung resultieren. Eine nachlässige Organisation rechtfertigt keinen finanziellen Ausgleich nicht gewährter Ferienzeiten.

Auch wenn eine Arbeitnehmerin ihren 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub antritt, ist die Vergütung noch ausstehender Ferientage alternativlos. Das Gleiche gilt, wenn der Mitarbeiter ein länger andauerndes Sabbatical antritt.

Auch besondere Situationen wie eine Viruspandemie oder die Schliessung einer Produktionsstätte durch Behörden lassen keine Inanspruchnahme der Ferientage zu. Da Betriebsferien nur mit einer dreimonatigen Ankündigungsfrist ausgesprochen werden dürfen, kann eine vorübergehende mehrwöchige Schliessung des Betriebs zu hohen Restferienansprüchen führen.

Erhält ein Arbeitnehmer Stundenlohn und arbeitet unregelmässig, hat er keine Möglichkeit, in den Zeiten zwischen seinen Arbeitseinsätzen ausreichend Erholung zu finden. Daher erlaubt der Gesetzgeber in diesem Fall die Ferienabgeltung mit der monatlichen oder wöchentlichen Lohnauszahlung. Informieren Sie sich über die Ferienabgeltung in unserem Artikel „Wie wird die Ferienentschädigung berechnet?“.

Was passiert, wenn ich vor oder während der Ferien krank werde?

In der Schweiz unterscheidet man zwischen ferienunfähig und arbeitsunfähig. Ist ein Arbeitnehmer erkrankt oder hatte er einen Unfall, kann er zwar arbeitsunfähig sein, muss jedoch nicht zugleich als ferienunfähig gelten. Den Beweis dafür muss der Arbeitnehmende erbringen.

  • Erkrankt der Arbeitnehmer vor Antritt der Ferien und überschneiden die Krankheitstage sich mit dem Ferienbeginn, gilt er als ferienunfähig. Er hat dann das Recht, die geplanten Ferientage zu verschieben, bis er wieder gesund ist.
  • Wurden die Ferien bereits angetreten und erkrankt der Arbeitnehmer erst nach Ferienbeginn, hat er Anspruch auf Ersatztage. Das gilt auch, wenn er einen Unfall hatte. Da Krankheitstage nicht zur Erholung geeignet sind, hat er Anspruch auf Nachgewährung der zweckentfremdeten Ferientage.
  • Beinhaltet die Ferienzeit Feiertage, werden diese nicht als Ferientage gezählt. Als gesetzlicher Feiertag gilt in der Schweiz der 1. August. Aber auch die Kantone haben zahlreiche Feiertage, die Sie hier aufgelistet finden.

Können meine Ferientage verfallen?

Als Arbeitnehmender haben Sie mehrere Wochen Ferien pro Jahr. Diese muss der Arbeitgeber gewähren, sofern nicht besondere Umstände auftreten, die eine Vergütung der Ferientage erzwingen (siehe oben).

Sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf verständigen, die nicht gewährten Ferienzeiten ins Folgejahr zu übertragen, tritt deren Verjährung frühestens nach 5 Jahren ein.

Individuelle Vereinbarungen, wonach die Verjährung früher eintritt, sind nach dem Obligationenrecht (129 OR) unwirksam.

Wann darf der Arbeitgeber den Ferienanspruch kürzen oder die Ferien verschieben?

Unter bestimmten Voraussetzungen darf der Arbeitgeber den Ferienanspruch nach Art. 329b OR kürzen. Die Kürzung beträgt je 1/12 für jeden vollen Monat der Arbeitsverhinderung.

Anerkannte Gründe für die Kürzung sind:

  • verschuldete Arbeitsabwesenheit
  • unverschuldete Arbeitsabwesenheit (Schonfrist 1 Monat p. a.)
  • ungerechtfertigte Arbeitsverweigerung (unbeschränkte Kürzung des Ferienanspruchs)
  • Schwangerschaft (Schonfrist 2 Monate p. a. bzw. Bezug der Mutterschaftsentschädigung im Sinne des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952 (EOG) )

Verschiebung oder Stornierung der Ferien

Auch eine Verschiebung der Ferientage ist zulässig, wenn dafür wichtige und/oder unvorhersehbare betriebliche Gründe sprechen. Die Verschiebung löst jedoch eine Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers für Annullierungskosten etc. aus.

Befindet sich der Arbeitnehmer bereits auf Reisen, hat der Arbeitgeber das Recht, den Arbeitnehmer aus dringenden Gründen zurückzurufen. Voraussetzung ist, dass nur dieser Mitarbeiter den betrieblichen Engpass beheben kann. Der Arbeitgeber hat dafür die Rückreisekosten zu übernehmen, auch wenn diese höher sein sollten als der ursprünglich gebuchte Pauschalreiserückflug.

Eigenmächtiger Ferienbezug

Verweigern Sie als Arbeitnehmer die Rückreise oder Verschiebung und entscheiden sich stattdessen für den eigenmächtigen Ferienbezug, droht Ihnen die fristlose Entlassung. Diese ist rechtswirksam, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass der Arbeitgeber triftige Gründe für sein Handeln hatte.

Unbezahlter Urlaub

Der Arbeitgeber muss keinem seiner Mitarbeiter unbezahlten Urlaub gewähren. Denn darauf hat kein Arbeitnehmender in der Schweiz Anspruch. Lediglich für ausserschulische Jugendarbeit kann der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nach Art. 329e Abs. 1 OR unbezahlten Urlaub fordern.

Ferienanspruch in der Schweiz – kürzen, verschieben, stornieren

Trotz der gesetzlichen Rahmenbedingungen führt die Abstimmung der Ferienplanung oft zu Problemen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Gesetzgeber fordert vom Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht die Gewährung von Erholungszeiten. Gleichzeitig müssen Betriebe gewährleisten, dass der Geschäftsbetrieb reibungslos weiterläuft. Das führt zu Verschiebungen, Kürzungen oder zum Ferienrückruf des Arbeitnehmers.

Wenn Sie in einer solchen Situation sind und Ihre Ferienplanung mit denen Ihres Betriebs nicht übereinstimmt, sprechen Sie am besten direkt Ihren Arbeitgeber an. Verzichten Sie auf eigenmächtigen Ferienbezug. Stimmen Sie Ihre Pläne im Unternehmen ab und vermeiden Sie langfristige Verschiebungen. Gemeinsam finden Sie sicher eine Urlaubsplanung, die alle Interessen abdeckt.