Ferienkürzung bei Krankheit – Regelungen in der Schweiz

Ferienkürzung bei Krankheit

Jeder Arbeitnehmer ab dem 21. Altersjahr hat in der Schweiz mindestens 4 Wochen Ferienzeit. Diesen Ferienanspruch kann der Arbeitgeber jedoch kürzen, wenn ein Mitarbeiter mehr als einen Monat lang seine Arbeitsleistung nicht erbringt. Dabei ist das Recht auf Ferienkürzung eine Möglichkeit, jedoch keine Verpflichtung. Wann der Arbeitgeber den Ferienanspruch kürzen darf, was Sie bei der Berechnung der Ferienkürzung beachten sollten und wie bei Schwangeren verfahren wird. Die Regelungen beziehen sich dabei ausschliesslich auf Arbeitsverhältnisse des Privatrechts.

Welchen Ferienanspruch hat ein Arbeitnehmer in der Schweiz?

Arbeitnehmer können sich auf mindestens 4 Wochen Ferien pro Jahr freuen, wenn sie 21 Jahre oder älter sind.

Jüngere Arbeitnehmer haben bis zu ihrem vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf 5 Wochen Ferienzeit jährlich (Art. 329a OR).

Gibt es abweichende Ferienregelungen?

Ältere Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr geniessen ebenfalls häufig ein Ferienkontingent von 5 Wochen. Das resultiert nicht aus dem Obligationenrecht, sondern aus den Vereinbarungen in Gesamt- oder Einzelarbeitsverträgen.

Auch die übrigen Arbeitnehmer profitieren von abweichenden Vereinbarungen im Rahmen der Gesamt-, Einzel- oder Normalarbeitsverträge. Ferienansprüche von bis zu 6 Wochen sind je nach Branche keine Seltenheit mehr.

Was ist Jugendurlaub für Jugendarbeit?

Wenn Sie maximal 30 Jahre alt sind und eine unentgeltliche leitende, betreuende oder beratende Tätigkeit im Rahmen ausserschulischer Jugendarbeit übernehmen, können Sie einen Ferientage-Zuschuss erhalten. Damit Sie für solche Tätigkeiten nicht Ihren kompletten Urlaubsanspruch verbrauchen, sieht der Gesetzgeber in Art. 329e Abs. 1 OR bis zu einer Woche Jugendurlaub vor.

Der Jugendurlaub kann alternativ auch für den Besuch entsprechender Aus- und Weiterbildungsmassnahmen genutzt werden. Dauert die Abwesenheit vom Arbeitsplatz länger als einen Monat an, kann der Ferienanspruch auch dafür gekürzt werden. Näheres unter „Aus welchen Gründen dürfen Ferien gekürzt werden?

Wann verjährt oder verfällt der Ferienanspruch?

Ihr Ferienanspruch verjährt nach 5 Jahren, beginnend in dem Jahr, in dem die Ferientage hätten gewährt werden müssen.

Nicht bezogene Ferien dürfen entgegen der üblichen Vorgehensweise am Ende des Dienstjahres nicht gestrichen werden. Das Bundesgericht hat sogar einvernehmliche Regelungen dazu zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als unzulässig beurteilt.

Fazit: Nicht beanspruchte Ferientage sind in das kommende Jahr zu übertragen.

Wer legt Zeitpunkt und Dauer der Ferien fest?

Das Obligationenrecht priorisiert eindeutig die Interessen des Betriebs bei der Festlegung der Ferienzeit. Möchte ein Mitarbeiter zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Ferientage in Anspruch nehmen, entscheidet der Arbeitgeber, ob dies zu den unternehmerischen Belangen passt. Dabei hat er die Ferieneinteilung mit einem ausreichenden Vorlauf vorzunehmen, sodass der Arbeitnehmer entsprechend planen kann. In der Regel ist diese Planung drei Monate vorher miteinander abzustimmen (Art. 329c OR).

Soweit es die betrieblichen Abläufe zulassen, muss der Arbeitgeber dabei die Interessen des Mitarbeiters berücksichtigen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer schulpflichtige Kinder oder sonstige triftige Gründe hat, die ihn zu Ferien in einer bestimmten Zeit verpflichten. Diese Umstände können die Interessen des Betriebs im Zweifelsfall auf den zweiten Platz verweisen.

Ihre Persönlichkeitsrechte als Mitarbeiter sind auch bei der Dauer der Ferien zu berücksichtigen, sofern dies betrieblich machbar ist. Das Obligationenrecht sieht in Art. 329c Abs. 1 OR eine Mindestferiendauer von zwei Wochen vor, die Sie zusammenhängend nehmen dürfen. Nur dann gilt der gewünschte Erholungswert als gegeben. Planen Sie eine längere Feriendauer, muss der Arbeitgeber auch diese genehmigen, sofern das im Unternehmen realisierbar ist.

Eine wichtige Rolle spielen dabei die in der Schweiz häufig genutzten Betriebsferien.

Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Verschiebung der Ferien?

Wenn bereits im Vorfeld deutlich wird, dass Sie sich in den geplanten Ferien nicht erholen können, z. B. wegen einer Krankheit, bitten Sie den Arbeitgeber um Verschiebung der Ferien. Steht fest, dass der geplante Erholungszweck nicht erreicht werden kann, haben Sie Anspruch darauf. Allerdings bedeutet arbeitsunfähig nicht unbedingt auch ferienunfähig.

Um wirklich ferienunfähig zu sein und damit ausserstande, sich in den Ferien zu erholen, muss eine Erkrankung mit erheblicher Beeinträchtigung vorliegen. Kleinere Erkrankungen, wie beispielsweise Schnupfen, Gelenkschmerzen, gebrochener Finger oder Kopfschmerzen können zwar zur Arbeitsunfähigkeit führen, verhindern jedoch keine Erholung in den Ferientagen.

Aus welchen Gründen dürfen Ferien gekürzt werden?

Die Ferienplanung ist erfolgt und in Gedanken sehen Sie sich schon entspannt am Strand oder auf einem Berggipfel. Da kommt Ihnen eine Erkrankung in die Quere. Zudem kürzt Ihnen der Arbeitgeber auch noch Ihr Ferienbudget. Darf er das?

Ja, wenn Sie für eine bestimmte Zeit an Ihrer Arbeitsleistung gehindert waren. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei die Abwesenheiten ohne eigenes Verschulden, durch eigenes Verschulden oder aufgrund Schwangerschaft. Die gesetzlichen Vorgaben dürfen im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen und Normarbeitsverträgen den Bedürfnissen der Branche oder der angehörenden Unternehmen angepasst werden. Bedingung ist, dass die vertragliche Lösung für den Arbeitnehmer gleichwertig oder besser ist.

Das bedeutet: Der Arbeitgeber darf mit Ihnen auch im Rahmen Ihres Einzelarbeitsvertrages individuelle Lösungen treffen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Vereinbarungen positiver ausfallen als die gesetzliche Regelung. Das Ergebnis kann eine Kürzungsvereinbarung erst nach längerer Abwesenheit sein, beispielsweise nach 6 vollen Monaten, oder der komplette Verzicht auf eine Kürzung.

Tipp: Berücksichtigen Sie bei der Berechnung unbedingt der Kürzung die Definition eines Monats. Siehe dazu „Wie wird die Kürzung berechnet? “.

Der Gesetzgeber unterscheidet diese Gründe für Ferienkürzung:

Kürzung bei Verhinderung ohne eigenes Verschulden

Die Arbeitsverhinderung kann durch eine Erkrankung oder einen Unfall, die Ausübung eines öffentlichen Amtes oder des Jugendurlaubs, sowie durch die Erfüllung gesetzlicher Pflichten erfolgen. Sind Sie über das Jahr gesehen ohne eigenes Verschulden nicht mehr als einen Monat abwesend, erfolgt keine Kürzung.

Bleiben Sie mindestens zwei volle Monate von Ihrer Arbeitsstelle fern, kann der Arbeitgeber pro komplettem Monat Abwesenheit 1/12 des Ferienbudgets abziehen. Der erste Monat gilt als Karenzzeit, für diesen erfolgt bei Arbeitsverhinderung ohne eigenes Verschulden kein Abzug.

Nicht gekürzt werden darf der Ferienanspruch, wenn der Arbeitgeber in Annahmeverzug ist. Das bedeutet, dass er aufgrund Auftragsmangels keine Arbeit hat, die Maschinen defekt sind oder aus anderen Gründen die Tätigkeit eingestellt wird. Sofern Sie als Mitarbeiter Ihre Arbeitskraft anbieten, aber mangels Arbeitsmöglichkeit nach Hause gehen müssen, ist eine Ferienkürzung ausgeschlossen.

Kürzung bei Verhinderung durch eigenes Verschulden

Sind Sie durch eigenes Verschulden (z. B. Arbeitsverweigerung, Sabbatical etc.) insgesamt mehr als einen vollen Monat abwesend, darf der Arbeitgeber das Ferienbudget kürzen. Die Reduzierung erfolgt dann um 1/12 für jeden vollen Monat der Arbeitsverhinderung, beginnend ab dem ersten Monat. Angebrochene Monate bleiben unberücksichtigt. Waren Sie beispielsweise nur 2 Wochen selbst verschuldet abwesend, darf nicht gekürzt werden.

Kürzung bei Verhinderung aufgrund Schwangerschaft

Zuerst die gute Nachricht: Bleiben Sie als schwangere Arbeitnehmerin insgesamt nicht mehr als zwei Monate vom Arbeitsplatz fern, darf Ihr Arbeitgeber keinen Abzug vornehmen.

Das ändert sich ab dem dritten vollen Monat. Ab diesem darf Ihr Ferienanspruch für jeden vollen Monat der Abwesenheit um 1/12 gekürzt werden (die ersten beiden Monate bleiben unberücksichtigt).

Befindet sich eine werdende Mutter bereits im 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub, darf die Abwesenheit zu keiner Kürzung mehr führen.

Wie müssen Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen?

Für die Ferienkürzung ist massgeblich, ob Sie Ihre Abwesenheit selbst verschuldet haben oder nicht. Um diese Frage zu beantworten, sind Nachweise erforderlich. Auf Verlangen des Arbeitgebers muss dazu beispielsweise ein ärztliches Zeugnis erbracht werden. Das darf er bereits ab dem ersten Tag der Abwesenheit verlangen, sofern im Einzelarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag keine abweichende Regelung getroffen ist.

Aus dem Attest sollte hervorgehen, inwieweit Sie arbeitsunfähig sind. Liegt nur eine teilweise Einschränkung vor, müssen die Stunden angegeben sein, an denen Sie nach Einschätzung des Arztes täglich arbeitsfähig sind. Dauert Ihre Arbeitsunfähigkeit länger an, sind Sie verpflichtet, regelmässig neue Arztzeugnisse vorzulegen.

Alternativ hat Ihr Arbeitgeber bei länger andauernder Erkrankung das Recht, eine vertrauensärztliche Untersuchung zu fordern. Die Kosten dafür trägt das Unternehmen oder die Krankenkasse, die nach einer bestimmten Krankheitsdauer im eigenen Interesse die Einschätzung eines Vertrauensarztes anfordert.

Wie wird die Ferienkürzung berechnet?

Wenn Sie eine mögliche Kürzung Ihres Ferienbudgets berechnen wollen, müssen Sie einige Besonderheiten beachten. Vor allem die Definition eines Monats oder eines Dienstjahres sollten Sie kennen.

Wie ist ein „Monat“ bei der Ferienkürzung definiert?

Massgeblich sind bei der Ferienberechnung nicht die Kalendermonate, sondern die Arbeitsmonate. Betrachtet werden stets die Abwesenheiten über das gesamte Jahr, wobei nur Arbeitstage ohne Wochenenden und Feiertage relevant sind. Es werden also alle Abwesenheiten zusammengerechnet. Auch halbtägige Abwesenheiten werden in die Berechnung mit einbezogen.

Der Arbeitsmonat entspricht 1/12 der auf das Dienstjahr (Ø 261 Arbeitstage) entfallenden Tage. Das Dienstjahr beginnt konkret mit dem ersten Arbeitstag.

Analog der Berechnung der ALV-Taggelder hat ein Durchschnittsmonat 21,75 Arbeitstagen. Dies bedeutet, dass ein voller Monat im Sinne der Ferienkürzung bei Vollzeitkräften erreicht ist, sobald ein Arbeitnehmer 21,75 Arbeitstage gefehlt hat.

Wie errechnet sich die Ferienkürzung bei Teilzeitbeschäftigten?

Nicht ganz so einfach ist die Berechnung von Schonfrist und Kürzung bei Teilzeitbeschäftigten. Hier muss die tatsächliche Dauer der Arbeitsverhinderung ermittelt werden. Erst dann kann ermittelt werden, wann die Karenzzeit abgelaufen ist, und um wie viele Tage der Arbeitgeber kürzen darf. 

Dürfen Karenzzeiten kumuliert werden?

Treten verschiedene Gründe parallel für Ihre Arbeitsunfähigkeit auf, können unterschiedliche Karenzzeiten miteinander konkurrieren. Beispielsweise bei Schwangerschaft und Erkrankung. Massgeblich ist in diesem Fall die längere Schonfrist. Eine Kumulierung ist ausgeschlossen.

Übrigens stehen die Karenzzeiten dem Arbeitnehmer in jedem Jahr erneut zu. Das gilt auch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis während des Jahres endet.

Wie verläuft die Ferienkürzung bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit?

Ist der Arbeitnehmer nicht vollständig arbeitsunfähig und kann für einige Stunden eingesetzt werden, müssen die Schonfristen entsprechend verlängert werden. Bei 50%iger Arbeitsunfähigkeit verlängert sich der Monat Karenzzeit also auf zwei Monate.

Komplizierter wird es bei der Ferienkürzung: Sie darf erst erfolgen, wenn die Fehlzeiten insgesamt der Abwesenheit eines Monats eines vollständig arbeitsunfähigen Mitarbeiters entsprechen. Das bedeutet, dass bei 50%iger Arbeitsunfähigkeit die Kürzung erst nach 4 Monaten erfolgen darf. Erst dann fehlt im Vergleich ein kompletter zweiter Monat Arbeitsleistung.

Wie muss der Verzicht auf Ferienkürzung erfolgen?

Der Arbeitgeber darf Ihren Ferienanspruch entsprechend den Regeln im Obligationenrecht kürzen. Er kann jedoch auch darauf verzichten. Auch wenn er dies stillschweigend tut und die Ferientage ungekürzt auf der Lohnabrechnung aufführt bzw. in das Folgejahr übernimmt, hat er rechtsgültig auf die Kürzung verzichtet.

Fazit: Ferienkürzung erfordert Know-how bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern

Wer nicht das Glück hat, einen Arbeitgeber zu haben, der auf Ferienkürzung verzichtet, muss mitrechnen. Denn der Arbeitgeber hat das Recht, bei verschuldeter und unverschuldeter Abwesenheit oder bei Schwangerschaft unter bestimmten Bedingungen den Ferienanspruch zu kürzen. Das ist schon bei vollständig arbeitsunfähigen Mitarbeitern kompliziert, schwierig wird es jedoch bei teilweise arbeitsunfähigen Arbeitnehmern.

Wenn Sie in die Situation einer mehr als einen Arbeitsmonat andauernden Abwesenheit zu kommen, informieren Sie sich. Sprechen Sie mit der Personalabteilung und lassen Sie sich die Berechnung erläutern. Legen Sie bei längerer Abwesenheit unaufgefordert regelmässig ärztliche Atteste vor.

Falls möglich, suchen Sie sich einen Arbeitgeber, der sich bei der Ferienkürzung kulant zeigt und darauf verzichtet.